Geht sein Kalkül auf? Oder hat sich Spaniens sozialistischer Regierungschef Pedro Sánchez mit der Neuwahl am kommenden Sonntag verzockt? Sánchez hatte die letzten Monate darauf gesetzt, dass ihm die Wiederholung der nationalen Parlamentswahl am 10. November endlich eine deutliche Regierungsmehrheit bringen werde. Doch nach den Umfragen kann sich der Sozialist wenig Hoffnung auf klare Verhältnisse machen.

Zwar wird seiner traditionsreichen Sozialistischen Arbeiterpartei (PSOE) wieder ein Sieg vorausgesagt. Aber auch dieses Mal dürfte es nicht für eine stabile Mehrheit reichen. Es deutet somit alles darauf hin, dass Spaniens politische Blockade, die bisher schon eine Regierungsbildung verhinderte, nach dem nächsten Sonntag bestehen bleibt.
Auf allen Kanälen trommelt der 47-jährige Wirtschaftswissenschaftler für eine starke Regierung, um Spaniens politischen Stillstand endlich zu beenden. „Dies ist die Stunde der Wahrheit“, sagt er beschwörend. „Wir brauchen Stabilität, um die großen Herausforderungen in Angriff nehmen zu können.“

Katalonienkonflikt

Zu den Herausforderungen gehört vor allem der Katalonienkonflikt, der durch die Verurteilung mehrerer Separatistenführer wieder angeheizt wurde. Nächtelange Krawalle radikaler Separatisten haben die Rufe nach einem harten Durchgreifen lauter werden lassen. Diese Spannungen könnten Sánchez, der sich stets für einen Dialog mit der Unabhängigkeitsbewegung einsetzte, Stimmen kosten. Seit Amtsantritt im Juni 2018 ist Sánchez Chef einer Wackelregierung. Der sozialistische Parteiboss hatte damals ein Misstrauensvotum gegen den konservativen Premier Mariano Rajoy gewonnen und führte seitdem eine Minderheitsregierung. Doch die Freude währte kurz. Im Februar 2019 war Sánchez schon wieder am Ende. Er stolperte über eine fehlende Mehrheit für seinen Haushalt und musste Neuwahlen ansetzen.
Mit dem Wahlgang im April bewies der verheiratete Vater zweier Töchter, dass er ein Kämpfertyp und für Überraschungen gut ist: Der leidenschaftliche Basketballspieler holte für die sozialdemokratisch ausgerichteten Sozialisten mit 29 Prozent das beste Ergebnis der letzten zehn Jahre. Und er machte die PSOE wieder zur stärksten Partei des Landes.

Aber Wahlsiege garantieren keine stabile Regierung: Seit April versuchte Sánchez, im Parlament eine Mehrheit hinter sich zu scharen. Er verhandelte mit der Linkspartei Podemos über einen Pakt – doch die Gespräche scheiterten am Streit über Ministersessel. Er bat die konservative Opposition, per Enthaltung den Weg für eine Minderheitsregierung frei zu machen – der konservative Block weigerte sich. Deswegen musste König Felipe im September die Wahlwiederholung anordnen.