Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi versucht angesichts des angekündigten "Marsch der Millionen" ruhige Töne anzuschlagen. "Die Ägypter lassen sich nicht in die Irre führen. Es gibt keinen Grund zur Sorge", sagte Al-Sisi laut einem Bericht des Staatsfernsehens. "Böse Mächte" würden versuchen, die Bevölkerung ins Visier zu nehmen.

In Ägypten sind die Sicherheitsmaßnahmen im Vorfeld möglicher regierungskritischer Proteste verstärkt worden. Im Zentrum Kairos war am Freitag eine verstärkte Polizeipräsenz zu beobachten. Mehrere U-Bahn-Stationen blieben geschlossen, Straßen um den zentralen Tahrir-Platz wurden gesperrt.

Bereits in vergangenen Tagen hatte die Polizei ihre Straßenkontrollen verstärkt und die Handys von Fußgängern teilweise auf Nachrichten und Fotos im Zusammenhang mit den Protesten durchsucht. Hunderte waren laut zwei Nichtregierungsorganisationen festgenommen worden.

Vergangenes Wochenende war es in Kairo, Alexandria, Suez und Mansura zu Protesten mit Hunderten Teilnehmern gekommen. Sie richteten sich gegen die Regierung von Präsident Abdel Fattah al-Sisi, dem Kritiker Korruption und Misswirtschaft vorwerfen. Einen so offenen Protest gegen die politische Führung hatte es in Ägypten seit Jahren nicht gegeben. Der im spanischen Exil lebende ägyptische Bauunternehmer und Schauspieler Mohammed Ali, der die Demonstrationen mit Video-Botschaften auf Facebook ins Rollen brachte, hat für den heutigen Freitag zu einem "Millionenmarsch" an zentralen Plätzen im Land aufgerufen. Ali fordert eine "Volksrevolution".

Die Zahl der Festnahmen im Zusammenhang mit den Protesten stieg zwei Beobachtergruppen zufolge weiter. Die Egyptian Commission for Rights and Freedoms (ECRF) zählte bis Freitag mehr als 1.570 Festnahmen. Das Egyptian Center for Economic and Social Rights (ECESR) sowie die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) sprach von mehr als 2.000 Festnahmen. Unabhängig bestätigen ließen sich diese Zahlen zunächst nicht. Die Regierung bestätigte und kommentierte die Zahlen ebenfalls nicht.

Viele Menschen seien "willkürlich festgenommen" worden, "nur weil sie 'zur falschen Zeit am falschen Ort' waren", teilte HRW unter Berufung auf Rechtsanwälte Festgenommener mit. Die Vorwürfe gegen die Festgenommenen reichen nach Angaben ihrer Anwälte von "Verbreitung von Falschinformationen" bis zur Mitgliedschaft in einer "terroristischen Vereinigung". In Kairo, Alexandria und anderen Städten befragten und durchsuchten Sicherheitskräfte in Uniform, aber auch in ziviler Kleidung, nach HRW-Angaben zudem willkürlich Passanten.

HRW kritisierte zudem die Zensur in dem nordafrikanischen Land. Demnach blockiert die Regierung in Kairo Websites und Online-Dienste, um weitere Proteste gegen Sisi zu unterbinden.