Die Große Koalition in Deutschland hat sich in der Nacht zum Donnerstag auf ein Maßnahmenpaket für Klimaschutz verständigt. Für die lange umstrittene CO2-Bepreisung soll es wie von CDU und CSU gefordert einen Zertifikatehandel geben, allerdings zunächst mit einem Festpreis. Fossile Brennstoffe wie Benzin oder Heizöl sollen teurer werden, Strom dafür billiger. Zudem sind Entlastungen für Pendler und eine Vielzahl von Förderprogrammen geplant.

CO2-Preis

Nach langem Ringen verständigten sich Union und SPD auf einen nationalen Emissionshandel für Verkehr und Gebäude ab 2021. Dabei soll für Zertifikate ein fester Einstiegspreis von zunächst nur zehn Euro pro Tonne CO2 gelten, der bis 2025 auf 35 Euro ansteigt. Danach soll eine Versteigerung in einer Preisspanne von 35 bis 60 Euro erfolgen. Über etwaige Höchst- und Mindestpreise ab 2027 soll im Jahr 2025 entschieden werden. Langfristig wird ein europäisches System für den Emissionshandel insgesamt angestrebt.

Verkehr

Der Kauf neuer Elektroautos soll ab 2021 mit einer höheren Kaufprämie gefördert werden, die von Herstellern und Bund getragen wird. Die Anhebung soll für alle Neuwagen mit einem Listenpreis von unter 40.000 Euro gelten. In vorläufigen Papieren war von bis zu 4.000 Euro pro Neuwagen durch den Bund plus 2.000 Euro Nachlass durch die Hersteller die Rede. Bis 2030 soll es eine Million öffentliche Ladesäulen geben.

Bahntickets für den Fernverkehr sollen durch eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent billiger werden. Dies soll gegenfinanziert werden durch eine Erhöhung der Luftverkehrsabgabe zum 1. Jänner 2020. Bahnstrecken und Zugverkehr ausgebaut werden. Stärken will die Koalition auch öffentlichen Nahverkehr, Rad- und Fußverkehr. Kfz-Steuer und Lkw-Maut sollen am CO2-Ausstoß ausgerichtet werden.

Bau und Gebäudeheizung

Energetische Gebäudesanierung will die deutsche Regierung steuerlich fördern, sowohl bei Einzelmaßnahmen als auch bei umfassenden Sanierungen. Ergänzt werden soll dies durch Investitionszulagen. Ab 2026 sollen im Regelfall keine neuen Ölheizungen mehr neu in Gebäuden installiert werden. Der Austausch alter Heizungen gegen neue, klimafreundliche Anlagen soll mit bis zu 40 Prozent bezuschusst werden. Festlegungen zu strengeren Energiestandards für Neu- und Bestandsbauten gibt es zunächst offenbar nicht.

Erneuerbare Energien

Auf 65 Prozent soll laut Koalitionsvertrag der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung bis zum Jahr 2030 steigen, über 20 Prozentpunkte mehr als derzeit. Allerdings wird zugleich für Windkraftanlagen im Regelfall ein einheitlicher Mindestabstand von einem Kilometer zu Wohnbebauung festgeschrieben, auch für ein Repowering bestehender Anlagen. Damit kommt die Koalition Windkraftkritikern entgegen. Länder und Kommunen können geringere Abstände festlegen.

Das Ausbauziel für Offshore-Anlagen wird von 15 auf 20 Gigawatt bis 2030 erhöht. Die bisherige Deckelung für den Ausbau von Solaranlagen soll entfallen.

Kohleausstieg

Der schrittweise Abschied von der Kohleverstromung bis spätestens 2038 wird in dem Eckpunktepapier bekräftigt. Bis 2030 soll die Kapazität der Kohlekraftwerke auf insgesamt 17 Gigawatt sinken. Das Ausstiegsgesetz soll im November vom Kabinett beschlossen werden.

Landwirtschaft

Der Agrarsektor soll durch geringeren Einsatz von Düngemitteln und eine Steigerung des Anteils des Ökolandbaus emissionsärmer werden. Moore sollen besser geschützt werden.

Kosten und Entlastungen

Die Koalition plant Investitionen in dreistelliger Milliardenhöhe bis 2030. Für die Zeit bis 2023 sind Investitionen von 54 Milliarden Euro vorgesehen. Eine Kostenrechnung insgesamt lag zunächst nicht vor. Für den Verkehrsbereich war im Vorfeld von einem Volumen von 75 Milliarden Euro bis 2030 die Rede gewesen. Allerdings entstehen auf der anderen Seite Einnahmen aus dem Zertifikatehandel.

Eine Senkung des Strompreises für Bürger und Unternehmen soll durch eine niedrigere EEG-Umlage erreicht werden. Die Pendlerpauschale soll ab dem 21. Kilometer von 30 auf 35 Cent steigen, auch das Wohngeld soll erhöht werden.

Klimaschutzgesetz und Monitoring

Erstmals sollen jährliche Vorgaben für die Emissionsminderung in einzelnen Sektoren in einem Klimaschutzgesetz verbindlich festgeschrieben werden, das das Kabinett bis Jahresende beschließen will. Ein regelmäßiges Monitoring, das durch einen externen Expertenrat begleitet wird, soll sicherstellen, dass die Klimaziele für 2030 erreicht werden. Dafür soll wenn nötig nachgesteuert werden. Eine zentrale Rolle soll dabei auch künftig das Klimakabinett spielen.