Im Persischen Golf stehen die Zeichen mehr und mehr auf Krieg. Die britische Regierung droht dem Iran mit einer „robusten Antwort“ und „ernsten Konsequenzen“, sollte der von den Revolutionären Garden in der Straße von Hormus beschlagnahmte Tanker „Stena Impero“ nicht umgehend freigegeben werden. Die Revolutionswächter hatten das unter britischer Flagge fahrende Schiff nach Angabe des schwedischen Eigners am Freitag mit vier Schnellbooten und einem Hubschrauber in internationalen Gewässern in ihre Gewalt gebracht und in Richtung des Hafens Bandar Abbas gezwungen.

Die iranische Hafen- und Schifffahrtsbehörde wirft der 23-köpfigen Besatzung vor, mit einem Fischerboot kollidiert zu sein und gegen seemännische Vorschriften verstoßen zu haben. London forderte am Samstag alle britischen Schiffe auf, die Meerenge vor der iranischen Küste bis auf Weiteres zu meiden. Der zweite, von bewaffneten Revolutionswächtern mit zehn Schnellbooten umzingelte Tanker „Mesdar“ dagegen durfte seine Fahrt nach wenigen Stunden fortsetzen. Im Durchschnitt passieren jeden Tag 35 Supertanker die Straße von Hormus, durch die rund 20 Prozent des globalen Öl-Transports und 25 Prozent des Flüssiggas-Transports laufen.

Irans regionaler Hauptrivale Saudi-Arabien kündigte an, das Königshaus werde erstmals seit 2003 wieder amerikanische Truppen auf saudischem Boden zulassen. Die wegen des Kuwait-Krieges 1991 gegen Saddam Hussein in der Heimat des Propheten Mohammed stationierten US-Einheiten waren 2003 nach Ende des Irakfeldzugs von US-Präsident George W. Bush abgezogen worden. Aus iranischer Sicht ist die Kommandoaktion im Persischen Golf eine Vergeltung für die Beschlagnahme eines iranischen Tankers durch britische Marineeinheiten nahe Gibraltar am 4. Juli. Am Freitag hatte dort das höchste örtliche Gericht angeordnet, der seit zwei Wochen festgesetzte Tanker müsse mindestens weitere 30 Tage vor Anker bleiben.

Der Sanktionsdruck auf Teheran wird immer stärker 

Hintergrund des Nervenkriegs ist die sich verschärfende Krise um das 2015 mit dem Iran geschlossene Atomabkommen. Nach dem Ausstieg von Donald Trump im Mai 2018 und der Reaktivierung der Sanktionen durch die USA gerät der Iran wirtschaftlich immer stärker unter Druck. Innerhalb der politischen Elite der Islamischen Republik toben heftige Kämpfe zwischen Scharfmachern und Moderaten. Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif ließ diese Woche bei seinem UN-Besuch in New York durchblicken, sein Land sei nicht bis 2023, wie im Atomvertrag vereinbart, sondern zeitlich unbegrenzt zu scharfen Kontrollen durch die Internationale Atomenergiebehörde IAEO bereit, wenn dafür die amerikanischen Sanktionen dauerhaft außer Kraft gesetzt würden. Sarifs zweite Andeutung, der Iran könne auch über sein Raketenarsenal mit sich reden lassen, wurde dagegen von den eigenen Hardlinern sofort dementiert. „Diese Waffen sind absolut und unter keinen Umständen verhandelbar“, erklärte ein Sprecher der iranischen UN-Mission.

Nach amerikanischen Medienberichten sprach Sarif am Rande seines Besuches in New York erstmals mit dem republikanischen Senator Rand Paul, der von Donald Trump beauftragt worden war, Gespräche mit Teheran auszuloten. Der Senator habe seine Hilfe angeboten, erklärte Trump, und er sei mit diesem Versuch einverstanden.

Als wichtigster europäischer Vermittler gilt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der am Freitag mit Trump telefonierte. Paris ist jedoch über die provokante Verhaftung der französisch-iranischen Wissenschaftlerin Fariba Adelkhah in Teheran sehr verärgert. Solche Geiselnahmen von westlichen Wissenschaftlern, Geschäftsleuten und Medienvertretern, die iranische Wurzeln haben und als Doppelstaatler gelten, betrafen bisher in erster Linie Großbritannien und die USA