Aus der Parlamentswahl in Griechenland am Sonntag ist die konservativ-liberale Nea Dimokratia (ND) als klarer Sieger hervorgegangen. Neuer Ministerpräsident wird der ND-Chef Kyriakos Mitsotakis. Der bisherige Premier Alexis Tsipras musste eine deutliche Niederlage einstecken. Sein Linksbündnis Syriza behauptet sich aber als stärkste Oppositionspartei.

Die ND  kam auf knapp 40 Prozent der Wählerstimmen. Das ist ein Erdrutschsieg gegenüber der Wahl von 2015 und würde für eine absolute Mehrheit von 158 der 300 Sitze im nächsten Parlament reichen. In Griechenland erhält die stärkste Partei 50 Sitze zusätzlich, dies soll die Regierungsbildung vereinfachen. Syriza erreichte 31,6 Prozent und 86 Sitze, eine Einbuße von vier Prozentpunkten gegenüber dem Ergebnis vor vier Jahren.

Erdogan erster Gratulant

„Heute nehmen die Griechinnen und Griechen ihre Zukunft in die Hand“, sagte Mitsotakis bei der Stimmabgabe. „Morgen wird ein besserer Tag für unser Land anbrechen.“

Als erster ausländischer Staatsmann gratulierte am Sonntagabend telefonisch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan dem designierten griechischen Premier. Vor dem Hintergrund der jüngsten Spannungen zwischen den beiden zerstrittenen Nato-Partnern sahen politische Beobachter darin ein positives Signal. Wenig später gratulierte auch Tsipras seinem Rivalen zu der gewonnenen Wahl.

Der Wahlsieger Mitsotakis weiß: Er steht unter einem enormen Erfolgsdruck. „Ich habe kein Recht, um eine Schonfrist zu bitten“, sagte er schon vor der Wahl, „denn jeder Tag zählt.“ Deshalb soll jetzt alles ganz schnell gehen: Mitsotakis wird heute um 13 Uhr als neuer Regierungschef vereidigt. Anschließend will Tsipras seinem Nachfolger die Amtsgeschäfte übergeben.

Kleinere Regierung, erstes Reformpaket

Mitsotakis will mit einer deutlich verkleinerten Mannschaft regieren. Die neuen Minister könnten am Dienstag ihren Amtseid ablegen und zur ersten Kabinettssitzung zusammentreten. Das neu gewählte Parlament soll sich am 17. Juli konstituieren.

Tags darauf will Mitsotakis seine Regierungserklärung abgeben. Die Vertrauensabstimmung könnte am 22. Juli stattfinden. Unmittelbar danach will Mitsotakis sein erstes großes Reformpaket ins Parlament bringen. Der umfangreiche Gesetzentwurf liegt bereits fertig in der Schublade. Er sieht unter anderem eine Reform der öffentlichen Verwaltung vor. Mit einer bürgernahen Administration und vereinfachten Genehmigungsverfahren will Mitsotakis die Weichen für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum stellen. „Wir wollen weniger Staat, weniger Steuern und mehr Investitionen“, erklärt er.

Sommerpause abgesagt

Mitsotakis spricht von einem „neuen Gesellschaftsvertrag“ zwischen Staat und Bürgern, er plant einen „New Deal“ nach dem Vorbild der Wirtschafts- und Sozialreformen, die der amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt zwischen 1933 und 1938 umsetzte, um sein Land aus der Wirtschaftskrise zu führen. Bis Anfang August soll das erste Reformpaket verabschiedet sein. Nicht nur auf die Mannschaft des neuen Premiers, auch auf die Abgeordneten kommt viel Arbeit zu: Die übliche dreimonatige Sommerpause des Parlaments wird es in diesem Jahr nicht geben, kündigte Mitsotakis bereits an. Nur um Mariä Himmelfahrt, am 15. August, einem der höchsten kirchlichen Feiertage der Griechen, sollen die Parlamentarier eine Woche ausspannen.

Vorschusslorbeeren bekam Mitsotakis bereits an den Finanzmärkten. Anleger und Investoren setzten seit Monaten auf einen Regierungswechsel in Athen. Der griechische Aktienindex legte seit Jahresbeginn rund 40 Prozent zu. Das war die weltbeste Performance. Auch die Kreditwürdigkeit des Landes verbessert sich: Die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihe fiel von 4,4 Prozent am Jahresbeginn auf jetzt 2,1 Prozent.
Die Ziele des designierten Premiers sind ehrgeizig: Er will in den nächsten fünf bis zehn Jahren Investitionen von 100 Milliarden Euro ins Land holen und die jährlichen Wachstumsraten von gegenwärtig unter zwei Prozent auf vier Prozent verdoppeln.

Syriza konnte Kernwähler halten

Das Wahlergebnis zeigt: Seine linke Kernklientel hat Tsipras halten können. Verloren hat Syriza aber vor allem Wähler der linken Mitte, die sich 2015 in der Hoffnung auf einen Neustart für Tsipras entschieden hatten. Doch diese Hoffnungen haben sich für viele nicht erfüllt.

Während sich andere Problemländer wie etwa Spanien, Portugal und Irland längst von der Krise erholt haben, liegt die reale Wirtschaftsleistung in Griechenland immer noch ein Viertel unter dem Stand von 2007.

Auch die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist immer noch schlecht. Die Arbeitslosenquote ist seit ihrem Höchststand von 27 Prozent im Sommer 2013 zwar zurückgegangen, mit 18 Prozent aber immer noch die höchste in der Eurozone.