Bei dem Militäreinsatz gegen friedliche Demonstranten in Peking waren in der Nacht auf 4. Juni 1989 einige Hundert Menschen getötet worden. Die genaue Zahl ist bis heute nicht bekannt. Forscher verweisen auch auf Zahlen des chinesischen Roten Kreuzes, das einst 2.600 Tote genannt hatte. Tausende wurden verletzt und inhaftiert. Das Massaker ist bis heute ein politisches Tabu in China. Jedes öffentliche Gedenken wird sofort im Keim erstickt.

Während es am Jahrestag in China still sein dürfte, werden am Abend in Hongkong Zehntausende Menschen zu einer Demonstration erwartet. Seit 1990 findet jeweils im Viktoria-Park eine Kerzenandacht statt, an der nach Angaben der Organisatoren in manchen Jahren sogar 150.000 bis 200.000 Menschen teilgenommen haben.

"Ich denke, die Hongkonger haben das Gefühl, dass wir definitiv die Verantwortung tragen, die Bewegung voranzubringen", sagte Richard Tsoi, Vizevorsitzender der Hongkonger Allianz zur Unterstützung der Demokratiebewegung in China. "Wir haben noch Freiheit in Hongkong, deswegen müssen wir unsere Stimme erheben."

Anders als die Menschen in der Volksrepublik genießen die Bewohner der chinesischen Sonderverwaltungsregion größere politische Freiheiten. Seit der Rückgabe der früheren britischen Kronkolonie 1997 an China wird Hongkong als eigenes Territorium autonom regiert. Mit dem Anwachsen der demokratischen Kräfte hat die kommunistische Führung in Peking allerdings ihren Griff verstärkt.

So wurde dem früheren Studentenführer Feng Congde die Einreise nach Hongkong verweigert, wie die "South China Morning Post" berichtete. Nach der Ankunft am Montag am Flughafen sei der in den USA im Exil lebende Bürgerrechtler wieder in ein Flugzeug zurück nach Tokio gesetzt worden. Der Aktivist habe in dem Vorgehen den Beweis dafür gesehen, dass Hongkong kein unabhängiges Justizsystem mehr habe.

Taiwan forderte die chinesische Regierung unterdessen auf, die Niederschlagung der Demokratiebewegung "aufrichtig zu bereuen". "Wir ermahnen die chinesischen Behörden ernsthaft, sich dem historischen Fehler zu stellen und sich so schnell wie möglich aufrichtig zu entschuldigen", teilte Taiwans Rat für Festlandsangelegenheiten am Montag mit. Peking habe gelogen, um die Ereignisse von 1989 zu vertuschen, und müsse nun proaktiv demokratische Reformen anstoßen.

In China lief die Zensur vor dem Jahrestag auf Hochtouren. Im Internet beseitigte Software alle Hinweise auf das Blutbad. Die Staatssicherheit verschärfte die Überwachung. Die Möglichkeiten des Familiennetzwerks "Mütter von Tiananmen", mit der Außenwelt zu kommunizieren oder sich frei zu bewegen, seien schwer eingeschränkt worden, berichtete Human Rights Watch. Besonders betroffen seien die 82-jährige Ding Zilin und die 81-jährige Zhang Xianling, deren Söhne 1989 getötet worden waren.

Staatssicherheitsagenten brachten den bekannten Pekinger Bürgerrechtler Hu Jia am Freitag in "zwangsweise Ferien" in die Hafenstadt Qinhuangdao, wie die Organisation ferner berichtete. Andere seien festgenommen worden. So am 17. Mai der Filmemacher Deng Chuanbin in der Provinz Sichuan, weil er auf Twitter ein Foto mit Hinweis auf das Pekinger Massaker auf Twitter verbreitet habe.

Die Polizei in der Provinz Anhui habe zudem am 16. Mai den Bürgerrechtler und Teilnehmer an der Demokratiebewegung 1989, Shen Liangqing, wegen "Störung der Ordnung" festgenommen. Wie die Organisation berichtete, sei 2016 die letzte bekannte Person, die seit dem Massaker noch in Haft gewesen sei, nach 27 Jahren auf freien Fuß gekommen. Andere damalige Teilnehmer seien aber wegen ihres anhaltenden Engagements für Demokratie wieder inhaftiert worden. Human Rights Watch schilderte acht konkrete Fälle.