Die Bürger Nordmazedoniens wählen heute in einer Stichwahl ihr neues Staatsoberhaupt. Um die Nachfolge von Gjorge Ivanov ringen der sozialdemokratische Kandidat Stevo Pendarovski und seine nationalkonservative Herausforderin Gordana Siljanovska Davkova. Die Wahl gilt als Stimmungstest nach der Einigung im Namensstreit mit Griechenland.

Aktuellen Meinungsumfragen zufolge führt Pendarovski von der regierenden SDSM mit 22 Prozent vor Siljanovska Davkova von der größten Oppositionspartei VMRO-DPMNE mit 15,9 Prozent. Allerdings hatte fast die Hälfte der Befragten - 47,7 Prozent - es abgelehnt, eine politische Präferenz bekannt zu geben. 14 Prozent wollen nicht an dem Urnengang teilnehmen. Das Ergebnis der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen am 21. April war knapp: Pendarovski kam auf 42,8 Prozent, Siljanovska Davkova auf 42,2 Prozent.

Bis 10 Uhr: Sechs Prozent haben gewählt

Am Sonntag wird es nach Einschätzung von Experten vor allem auf die Unterstützer des Drittplatzierten ankommen: Blerim Reka, dem Vertreter der beiden kleinen albanischen Oppositionsparteien, hatte jedoch keinem der zwei Präsidentschaftskandidaten seine Unterstützung zugesagt. Auf Facebook rief er nur indirekt zur Teilnahme am Urnengang auf.

Bei der Wahlbeteiligung wird es tatsächlich spannend: Gültig sind die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl nur bei einer Beteiligung von 40 Prozent der insgesamt 1,8 Millionen Wahlberechtigten. Im ersten Durchgang lag die Teilnahme gerade einmal bei rund 42 Prozent. Hinzu kommt, dass nach UNO-Schätzungen von den insgesamt 2,1 Millionen Einwohnen mehr als 500.000 Nordmazedonier im Ausland leben.

Die Stichwahl lief zunächst erneut im Zeichen einer niedrigen Wahlbeteiligung. Bis 10.00 Uhr nahmen nach Angaben der staatlichen Wahlkommission 6,31 Prozent der Stimmberechtigten am Urnengang teil, was leicht höher als vor zwei Wochen wäre. Damals lag die Teilnahme um dieselbe Zeit bei 6,23 Prozent.

Ein Scheitern der Wahl dürfte Beobachtern zufolge eine politische Krise auslösen. Der nordmazedonische Regierungschef Zoran Zaev hatte im Falle einer Niederlage Pendarovskis vorgezogene Parlamentswahlen angekündigt.

Umstrittene Einigung auf neuen Namen

Die Lösung des jahrelangen Namensstreits mit Griechenland, die aus dem auf internationaler Ebene "FYROM" ("Frühere jugoslawische Republik Mazedonien") genannten Land Nordmazedonien machte, ist in dem kleinen Westbalkanstaat umstritten. Die Einigung mit Athen war Voraussetzung für einen weiteren Schritt Richtung EU-Mitgliedschaft und zum NATO-Beitritt.

Pendarovski, Befürworter der Einigung, warb in seinem Wahlkampf stets für die Bemühungen der Regierung von Zaev: "Der halbe Weg in die NATO ist zurückgelegt, in zwei Monaten erwarten wir den Termin für die Aufnahme der EU-Beitrittsgespräche."

Seine Herausforderin Siljanovska Davkova setzte in ihren jüngsten Wahlkampfauftritten den Akzent auf die Notwendigkeit von Reformen im Land. Die Verfassungsexpertin ist eine Gegnerin des neuen Namens und hält die Vereinbarung mit Athen für strittig, will sich aber als Präsidentin daran halten. Der aktuelle Amtsinhaber Ivanov, ebenfalls von der VMRO-DPMNE, hatte sich bisher geweigert, seine Unterschrift unter Gesetze mit den neuen Namen Nordmazedonien zu setzen. Zwischen 2006 und 2017 gab es unter der damals regierenden VMRO-DPMNE keine Annäherung im Namensstreit. Ivanov durfte nach zwei Amtszeiten nicht mehr zur Wahl antreten.