Russlands Präsident Wladimir Putin erwägt nach eigenen Worten Erleichterungen bei der Vergabe russischer Pässe für Bürger aus der gesamten Ukraine. "Wir denken tatsächlich darüber nach, die Staatsangehörigkeit auf vereinfachte Weise allen Bürgern der Ukraine zu genehmigen, nicht nur Bewohnern der Republiken Luhansk und Donezk", sagte Putin am Samstag am Rande der Seidenstraßen-Konferenz in Peking.

Erst am Mittwoch hatte der Präsident ein Dekret unterschrieben, wonach die Menschen im Kriegsgebiet in der Ostukraine einfacher einen russischen Pass bekommen sollen. Demnach sollen Ukrainer mit ständigem Wohnsitz in "einzelnen Kreisen" der Gebiete von Donezk und Luhansk in einem "vereinfachten Verfahren" russische Staatsbürger werden. Die Entscheidung der russischen Behörden über einen entsprechenden Antrag soll demnach nicht länger als drei Monate dauern. Der Schritt war von der Führung der Ukraine, aber auch von der EU und den USA scharf kritisiert worden.

Die Entscheidung Putins folgte unmittelbar auf die Präsidentenwahl in der Ukraine, bei der sich am vergangenen Sonntag der Komiker und Politneuling Wolodymyr Zelenskiy deutlich gegen Amtsinhaber Petro Poroschenko durchgesetzt hatte. Kritiker sprechen von einem ersten „Test“ für Selenski, der sein Amt im Juni antreten soll. Selenski verlangte bereits am Donnerstag eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland.

Belastete Beziehung

Die Beziehungen zwischen den Nachbarländern Russland und der Ukraine sind seit Jahren schwer belastet. Russland hatte 2014 die ukrainische Halbinsel Krim annektiert und unterstützt außerdem separatistische Kämpfer im Osten des Landes. Als einen Grund für sein Handeln führte Russland den Schutz russischer Minderheiten in der Ukraine an. Seit Beginn des Konflikts wurden rund 13.000 Menschen getötet.
Die EU stärkte Zelenskiy sofort den Rücken. Die Entscheidung zur Passvergabe sei „ein weiterer Angriff Russlands auf die Souveränität der Ukraine“, erklärte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini. Der Zeitpunkt unmittelbar nach der ukrainischen Präsidentschaftswahl zeige „Russlands Absicht, die Ukraine weiter zu destabilisieren und den Konflikt zu verschärfen“. Auch Deutschland und Frankreich verurteilten den Schritt Russlands.

"Jeder ist müde"

Putin betont, dass er ein Treffen mit dem Komiker und Polit-Einsteiger nicht ausschließe. Er wolle mit Zelenskyj über dessen Haltung zum Minsker Friedensplan für den Osten der Ukraine diskutieren. Zelenskyj hatte sich im Wahlkampf dafür ausgesprochen, den Friedensprozess rasch wiederzubeleben. Die Menschen in der Ex-Sowjetrepublik erwarteten nun Lösungen vom künftigen Staatsoberhaupt. "Jeder hat genug von diesem Konflikt und ist müde."