Das Parlament in Kiew hat am Donnerstag ein Gesetz verabschiedet, das Ukrainisch als Sprache in öffentlichen Einrichtungen vorschreibt. Die Regierung in Moskau kritisierte das neue Gesetz als "skandalös".

Mit dem Gesetz wird auch die Quote für ukrainischsprachige Fernseh- und Radioprogramme erhöht. Beamte auf allen Ebenen sowie Lehrer, Ärzte oder Anwälte müssen in Zukunft Ukrainisch sprechen und werden andernfalls mit Geldstrafen belegt. Das Parlament verabschiedete das Gesetz nur wenige Tage nach der Wahl von Wolodymyr Selenskyj zum neuen Präsidenten der Ukraine. Der Politikneuling und Komiker spricht überwiegend auf Russisch und will die Spannungen mit Moskau abbauen.

Das Gesetz macht "öffentliche Demütigung oder Vernachlässigung" der ukrainischen Sprache zu einer Straftat. In dem Gesetzestext heißt es auch, dass "Versuche, offizielle Mehrsprachigkeit in der Ukraine einzuführen", verfassungswidrig seien und eine "inter-ethnische Konfrontation" auslösen könnten. Das Gesetz betrifft keine Gespräche im privaten und religiösen Bereich. Es werde erst in drei Jahren wirklich wirksam, bis dahin würden Zentren zum Erlernen der ukrainischen Sprache und Kultur im Land eröffnen, sagte der Abgeordnete Nikolai Knyazhitsky der Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine.

Geteilte Meinungen

Der scheidende Präsident Petro Poroschenko bezeichnete die Verabschiedung des Gesetzes im Online-Dienst Twitter als "historisches Ereignis". Dagegen sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa: "Das ist ein skandalöses Gesetz, man kann es nicht anders nennen." Die Entscheidung werde "nur die Spaltung der ukrainischen Gesellschaft vertiefen" und die Möglichkeit eines Endes der Ukraine-Krise in weitere Ferne rücken.

Die meisten Menschen in der Ukraine sprechen sowohl Ukrainisch als auch Russisch. Der Osten und der Süden der Ukraine sind aber hauptsächlich russischsprachig. Einer Umfrage des Internationalen Instituts für Soziologie in Kiew aus dem Jahr 2017 zufolge sehen 68 Prozent der Bevölkerung Ukrainisch als ihre Muttersprache an, 14 Prozent Russisch und 17 Prozent beide Sprachen.

Das Parlament verabschiedete das Gesetz einen Tag nachdem Moskau bekannt gegeben hatte, die Vergabe von russischen Pässen für Bürger in der Ostukraine zu erleichtern. Ein von Präsident Wladimir Putin unterzeichnetes Dekret sieht vor, dass Menschen in den selbsterklärten Republiken Donezk und Lugansk im Osten der Ukraine künftig in einem vereinfachten Verfahren russische Pässe erhalten können.

Die Beziehungen zwischen den Nachbarländern Russland und der Ukraine sind seit Jahren schwer belastet. Russland hatte 2014 die ukrainische Halbinsel Krim annektiert und unterstützt außerdem separatistische Kämpfer im Osten des Landes. Als einen Grund für sein Handeln führte Russland den Schutz russischer Minderheiten in der Ukraine an. Seit Beginn des Konflikts wurden rund 13.000 Menschen getötet.