Der Brexit steht zwar nicht auf der Tagesordnung des EU-Finanzministerrats, doch "gibt es keine Pause oder noch so kurze Unterbrechung, wo nicht in irgendeiner Form breit diskutiert wird", erklärte Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) am Samstag.

Damit die Briten die gewünschte Verlängerung erreichen, "müssen wir auch überzeugt sein, warum es sinnhaft sein sollte, die Verlängerung auch zu geben".

"Derzeit erkennen wir das nicht", so Löger kurz vor Beginn des ECOFIN. Er habe am Abend zuvor auch mit seinem britischen Amtskollegen Philip Hammond gesprochen. "Wir haben Varianten diskutiert. Auch aus österreichischer Sicht. Hammond hat mir zugesagt, uns in den nächsten Tagen noch stärker über die Entwicklungen in Großbritannien zu informieren".

Der britische Finanzminister Philip Hammond zeigt sich optimistisch für eine Verlängerung des Brexit-Austrittsdatums. Er sagte in Bukarest, wo der Ministerrat stattfindet, die Verhandlungen der Tories mit der Labour-Partei verliefen offen. "Wir haben keine roten Linien", so Hammond.

Zweites Referendum "wäre richtiger Weg"

Der Minister glaubt, dass beim Sondergipfel der EU am Mittwoch trotz Skepsis einiger Länder eine Verlängerung erreicht werden kann. Angesprochen auf die Möglichkeit eines zweiten Referendums bekräftigte Hammon, es gebe mehrere Alternativen. Aber es wäre der richtige Weg. Man sollte "offen sein über Vorschläge, die gemacht wurden. Einige in der Labour-Partei haben das getan. Diskutieren wir das. Wir haben keine roten Linien. Wir gehen offen in die Gespräche mit Labour".

Er sei überzeugt, "dass wir eine Vereinbarung erreichen können". Ob dies nächste Woche der Fall sein könnte? - Hammond: "Das kommt darauf an, wie die Gespräche mit Labour verlaufen". Der britische Finanzminister meinte gleichzeitig, er "verstehe, dass einige Kollegen es satt haben. Wir auch, wir sind nicht in der Lage gewesen, die Sache früher zu einem Ende zu bringen".

Die britische Premierministerin Theresa May hatte zuletzt bei EU-Ratspräsident Donald Tusk um einen weiteren Brexit-Aufschub bis 30. Juni angesucht. Wenn ein Abkommen noch vorher ratifiziert werde, sollte die Frist früher enden, schrieb May in einem Brief an Tusk am Freitag.

"Die Regierung will einen Fahrplan für die Ratifizierung vereinbaren, der es dem Vereinigten Königreich gestattet, vor dem 23. Mai 2019 aus der Europäischen Union auszutreten, und damit die Europawahlen (für Großbritannien, Anm.) zu annullieren", erklärte May. London werde aber "verantwortlich Vorbereitungen treffen" für die Abhaltung der EU-Wahl, sollte dies nicht möglich sein. "Es ist frustrierend, dass wir diesen Prozess noch nicht erfolgreich und geordnet abgeschlossen haben", schrieb May.

EU-Ratspräsident Donald Tusk plädiert unterdessen nach Angaben von EU-Vertretern für eine Verschiebung des Brexits um zwölf Monate. Derzeit ist der EU-Austritt Großbritanniens für den 12. April geplant, also in genau einer Woche.

Sondergipfel am Mittwoch

Für kommenden Mittwoch ist in Brüssel ein Brexit-Sondergipfel geplant, bei dem die übrigen 27 EU-Staaten einer Verlängerung einstimmig zustimmen müssten. Gibt es bis dahin keine Lösung und auch keine Verlängerung, würde Großbritannien am 12. April ungeregelt aus der EU ausscheiden - mit weitreichenden negativen Folgen für die Wirtschaft und die Bürger.

Kurz hatte sich schon mehrfach gegen eine Fristverlängerung ausgesprochen. Er tritt heute beim Wahlkampfauftakt des Spitzenkandidaten der Europäischen Volkspartei (EVP), dem bayerischen CSU-Politiker Manfred Weber in Straubing auf. Vorher besuchen beide die oberösterreichische Grenzgemeinde Wernstein am Inn.

Vorbehalte auch in Frankreich

Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire betonte vor dem Treffen der Eurogruppe  in Bukarest, Frankreich habe immer klar gesagt, dass "wir verstehen müssen, wofür die Verlängerung notwendig ist. Wenn wir das nicht verstehen, können wir keine positive Antwort geben. Deswegen fragen wir nach dem Grund, warum die britische Regierung um eine Verlängerung ansucht. Es liegt an der britischen Regierung, eine Antwort zu geben".

Auch der deutsche Finanzminister Olaf Scholz zeigte sich bezüglich einer Verlängerung der Brexit-Frist zurückhaltend. "Ich hoffe, dass das britische Parlament und die Regierung eine Entscheidung treffen, die der EU präsentiert werden kann", sagte er in Bukarest.

Sein luxemburgischer Amtskollege Pierre Gramegna meinte, Luxemburg habe von Beginn an gesagt, dass es nicht darum gehe, Großbritannien zu bestrafen. "Aber auf der anderen Seite haben wir sehr lange gewartet, dass die Briten von ihren eigenen roten Linien weggehen. Dadurch haben sie es sich selbst sehr schwer gemacht. Luxemburg ist bereit zu warten, mit welchen Vorschlägen Großbritannien kommt. Hoffentlich sind die klar. Die müssen klar sein, damit man sich entscheiden kann, die Zeit läuft uns weg."