Humanitäre Hilfe bleibe in Zeiten "wo politische Lösungen unerreichbarer scheinen", eine "dramatische finanzielle Herausforderung". Das erklärte Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) beim fünften Wiener Humanitären Kongress. Angesprochen auf finanzielle Kürzungen im Bereich der humanitären Hilfe entgegnete die Ministerin: "Wir tun, was wir können. Wenn die Zahlen jemanden nicht passen - sorry - aber wir haben getan, was wir können." Österreich werde wohl nie an Ausgaben von Ländern wie Norwegen herankommen.
Bei humanitärer Hilfe brauche es auch Zusammenarbeit, "das Suchen nach politischen Lösungen muss im Zentrum stehen, die Verantwortung darf nicht allein bei den humanitären Organisationen liegen", erklärte die Ministerin. Zudem dürfe man "die Menschen auch nicht nur als Opfer sehen, sondern ihnen auch die Möglichkeiten geben, sich selbst zu helfen", sagte die Außenministerin.
"Dann hat die Diplomatie versagt"
Kneissl sprach sich außerdem für mehr Diplomatie aus. "Die Definition von Diplomatie ist Vorbeugung. Bricht ein Krieg aus, hat die Diplomatie versagt." Es müsse wieder "mehr hinter den Kulissen verhandelt werden".
Vieles habe sich zum Schlechten gewandelt, beklagte Kneissl, Milizen seien heute deutlich brutaler als früher. "In den 90ern im Libanon hatten Milizen noch Tabus, die es heute nicht mehr gibt." Kneissl stellte die Frage in den Raum: "Warum muss man den Leuten erklären, dass Frauen nicht vergewaltigt werden dürfen?"
Testosteron als Basis von Konflikten
"Testosteron ist die Basis für die meisten Konflikte in dieser Welt", erklärte Mark Lowcock, UNO-Unter-Generalsekretär für humanitäre Angelegenheiten und Notfallhilfekoordination. Es gehe um die Frage, wie man Verhalten ändern kann, das zu blutigen Auseinandersetzungen führt. "Und um die Frage: Wie können wir neutral bleiben, aber gleichzeitig mitarbeiten, um die nötigen politischen Veränderungen herbeizuführen?" Bei humanitärer Hilfe gehe es um jene, die sie brauchen. "Das System ist nicht da, um sich selbst zu erhalten."
Kardinal Luis Antonio Tangle, Direktor von Caritas International, stellte sich eine andere Frage: "Wie kann es sein, dass es oft schwer ist, Hilfsgüter wie Wasser und Essen ins Land zu bringen, es Waffen hingegen mühelos über die Grenzen schaffen?" Bei der Diskussion um humanitäre Hilfe sei "die Einbindung jener, die leiden, essentiell".
Menschenrechtsprofessor Manfred Nowak sprach sich angesichts der immer neuen, moderneren Arten der Kriegsführung dagegen aus, Gesetze wie die UN-Menschenrechtscharta in diese Richtung zu ändern. Diese Gesetz gelten auch in Zeiten des Konfliktes. Wenn man an ihnen rüttle, "schlagen wir einen gefährlichen Weg ein", erklärten Nowak.