Die tief gespaltene Öffentlichkeit und die beiden politischen Lager in den USA warten auf die Veröffentlichung des Inhalts des geheimen Abschlussberichts. Mehreren US-Medien zufolge will das Justizministerium am Sonntag dem Kongress eine Zusammenfassung des Berichts übergeben. Die Demokraten forderten eine unverzügliche und vollständige Veröffentlichung.

Justizminister Bill Barr hatte nach dem Erhalt des Berichts am Freitag an den Kongress geschrieben, er werde womöglich schon am Wochenende die "wichtigsten" Schlussfolgerungen daraus zusammenfassen. Seinem Ministerium zufolge empfiehlt der Bericht von US-Sonderermittler Robert Mueller zwar keine neuen Anklagen, laut Experten könnte er aber dennoch belastendes Material gegen US-Präsident Donald Trump liefern.

"Zu größtmöglicher Transparenz verpflichtet"

Der Abschlussbericht ist vertraulich. Barr erklärte, er werde sich mit seinem Stellvertreter Rod Rosenstein und Mueller beraten um zu entscheiden, was aus dem Bericht dem Kongress und der Öffentlichkeit mitgeteilt werden könne. Er bleibe "größtmöglicher Transparenz verpflichtet".

Barr ist verpflichtet, den Justizausschüssen von Senat und Repräsentantenhaus eine Zusammenfassung des Mueller-Berichts zu liefern. Der erst im Februar neu angetretene Minister, der ein Kritiker des Sonderermittlers ist, kann jedoch selbst entscheiden, wie viele Informationen er preisgibt.

Es gab zunächst keine Hinweise darauf, ob US-Präsident Trump selbst, Angehörige seiner Familie oder ehemalige Wahlkampfberater in mögliche Absprachen mit Moskau verwickelt waren oder sich der Behinderung der Justiz schuldig gemacht haben - zwei Schwerpunkte der Ermittlungen.

Vorwurf der Justizbehinderung?

Selbst wenn der Bericht keine Belege für Absprachen zwischen Moskau und dem Wahlkampfteam Trumps vorlegt, könnte er laut Experten dennoch Beweise für Fehlverhalten von Trump enthalten. Dieses müsste nicht strafrechtlich relevant sein, könnte aber politisch heikel und dennoch Grundlage für ein Amtsenthebungsverfahren sein.

Beobachter vermuten, dass Mueller dem US-Präsidenten Justizbehinderung vorwerfen könnte wegen des Drucks auf Ex-Justizminister Jeff Sessions und dessen Stellvertreter Rosenstein oder wegen der Entlassung von FBI-Chef James Comey. Der Abschlussbericht könnte im bevorstehenden Präsidentschaftswahlkampf eine wichtige Rolle spielen.

Die Demokraten forderten umgehend die Veröffentlichung des kompletten Berichts. Dies sei "zwingend erforderlich", erklärten die Oppositionschefs Nancy Pelosi und Chuck Schumer. "Transparenz und das öffentliche Interesse" verlangten die Veröffentlichung, sagte der Vorsitzende des Justizausschusses im Repräsentantenhaus, der Demokrat Jerry Nadler. Fünf weitere Ausschussvorsitzende schlossen sich der Forderung an. Auch demokratische Anwärter auf eine Präsidentschaftskandidatur drangen auf eine Veröffentlichung.

"Nächste Schritte liegen beim Justizminister"

Das Weiße Haus begrüßte die Vorlage des Berichts. "Die nächsten Schritte liegen bei Justizminister Barr und wir erwarten, dass die Angelegenheit ihren Lauf nimmt", erklärte Trumps Sprecherin Sarah Sanders. Das Weiße Haus habe den Bericht nicht erhalten und sei auch nicht darüber unterrichtet worden.

Trump selbst verhielt sich zunächst ungewöhnlich zurückhalten und verzichtete auf Tweets zu dem Mueller-Bericht. Der sonst bei Twitter äußerst aktive Präsident hatte Muellers Ermittlungen immer wieder verurteilt und als "Hexenjagd" bezeichnet und illegale Absprachen mit Russland bestritten. "Es geht ihm gut", sagte Trump-Sprecher Hogan Gidley am Samstag lediglich über seinen Chef.

Die Russland-Connection

Mueller hatte seit Mai 2017 die mutmaßlichen russischen Einmischungen in den Wahlkampf 2016 zugunsten Trumps und mögliche Absprachen zwischen dem Trump-Team und Moskau untersucht. Muellers Ermittlungen führten bereits zu 34 Anklageerhebungen, unter anderem gegen 25 russische Staatsbürger und sechs frühere Mitarbeiter des Präsidenten.

Zu ihnen gehören der zeitweilige Wahlkampfleiter Paul Manafort, der im Gefängnis sitzt, Trumps langjähriger Anwalt Michael Cohen und der kurzzeitige Nationale Sicherheitsberater Michael Flynn - die Anklagen gegen sie bezogen sich aber nicht direkt auf den Verdacht einer illegalen Zusammenarbeit zwischen dem Trump-Team und Moskau. Nach dem Abschluss der Untersuchungen beendet Mueller nun seine Tätigkeit als Sonderermittler.