Inmitten der Staatskrise in Venezuela hat der selbst ernannte Übergangspräsident Juan Guaido seine Anhänger für Samstag zur "größten Demonstration" in der Geschichte des Landes aufgerufen. Mit den Kundgebungen solle dem Ultimatum von vier der 28 EU-Mitgliedstaaten Nachdruck verliehen werden. Demnach soll Staatschef Nicolas Maduro bis Sonntag eine Neuwahl zur Präsidentschaft ansetzen, andernfalls wollen Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien Guaido als Interimspräsidenten anerkennen.

Der oppositionelle Parlamentspräsident setzte die Großdemonstration so an, dass sie mit einer Massenkundgebung der Maduro-Anhänger zusammenfällt. Diese begehen am Samstag den 20. Jahrestag der "Bolivarischen Revolution" unter Maduros Vorgänger Hugo Chavez, der von 1999 bis zu seinem Tod 2013 Staatschef war. Angesichts der zugespitzten Lage werden Zusammenstöße befürchtet.

Demos auch außerhalb der USA

"Venezolanische Brüder auf der ganzen Welt, wir sind ein Team, wir sind eine Nation, wir zählen auf euch", beschwor Guaidó seine Landsleute in einem Aufruf am Freitag. Nicht nur in Venezuela, auch in den USA, Spanien, Peru, Mexiko und Argentinien, wo viele Venezolaner wohnen, wurden Demonstrationen erwartet. Bei den jüngsten Massenprotesten vor gut einer Woche waren in Venezuela mindestens 26 Menschen ums Leben gekommen und rund 850 festgenommen worden.

Guaidó ist der Präsident des von der Opposition kontrollierten, aber von Maduro schon vor langem entmachteten Parlaments. Er hatte sich am 23. Jänner als Übergangsstaatschef vereidigen lassen und den Präsidenten damit offen herausgefordert. Guaidó argumentiert, Maduros Wiederwahl im vergangenen Jahr habe demokratischen Standards nicht genügt.

Internationale Unterstützung

International erhält Guaidó bereits viel Unterstützung, insbesondere von den USA und einer Reihe lateinamerikanischer Länder. Nach dem Ablauf eines Ultimatums könnten am Wochenende auch Deutschland, Frankreich, Spanien, Portugal, Großbritannien, die Niederlande und Belgien den Interimspräsidenten anerkennen. Eine gemeinsame Erklärung der Europäischen Union als Ganzes erscheint eher unwahrscheinlich.

Guaidó versuchte zuletzt sogar, die internationale Front der Maduro-Unterstützer aufzubrechen und Russland und China für sich zu gewinnen. Ihre Investitionen in dem südamerikanischen Krisenstaat seien unter seiner Regierung besser geschützt als unter der Maduros, sagte er. "Wir hingegen wollen Venezuela zu einem stabilen Land machen, das Wohlstand erzeugt, Investitionssicherheit garantiert und zu seinen Verpflichtungen steht."

Einen Vermittlungsversuch der bisher neutralen Länder Mexiko und Uruguay lehnte Guaidó ab. "Sich in diesem historischen Moment für neutral zu erklären bedeutet, sich auf die Seite des Regimes zu stellen, das Hunderttausende Menschen zu Elend, Hunger, Exil und Tod verdammt hat", schrieb er in einem Brief an die Präsidenten der beiden Länder.

"Maduros Tyrannei beenden"

Vor der geplanten Großkundgebung der Opposition hat USA-Vizepräsident Mike Pence zum Sturz von Präsident Maduro aufgerufen. "Die Zeit ist gekommen, Maduros Tyrannei ein für alle Mal zu beenden", sagte Pence am Freitag in einer Rede vor Exil-Venezolanern in Miami. "Es ist nicht die Zeit für Dialog, es ist die Zeit für Taten." Die Herrschaft des Linksnationalisten Maduro müsse "enden - und zwar jetzt", betonte Pence.

Zwar kann Maduro noch immer auf Rückendeckung durch das mächtige Militär zählen. Allerdings bemüht sich Guaidó seit Tagen, die Streitkräfte auf seine Seite zu ziehen. Unter anderem versprach er den Soldaten Straffreiheit, wenn sie ihn unterstützen.

"Die USA versuchen, mit diplomatischem und wirtschaftlichem Druck zu einem friedlichen Übergang zur Demokratie beizutragen. Aber: Alle Optionen sind auf dem Tisch", warnte Vizepräsident Pence bei seinem Auftritt in der Stadt Doral. "Nicolás Maduro würde gut daran tun, die Entschlossenheit der USA nicht auf die Probe zu stellen."