Die NATO-Partner der USA haben sich geschlossen hinter deren Entscheidung zum Ausstieg aus dem INF-Vertrag zum Verzicht auf landgestützte atomare Mittelstreckenwaffen gestellt. In einer am Freitag veröffentlichten Erklärung der Militärallianz heißt es, die Verbündeten unterstützten den Schritt uneingeschränkt.

Es sei Russland, das den Vertrag mit seinem Marschflugkörpersystem vom Typ 9M729 verletze. Dieses stelle eine signifikante Gefahr für die euroatlantische Sicherheit dar. Die NATO-Staaten forderten Russland auf, die noch verbleibende sechsmonatige Kündigungsfrist zu nutzen, um alle Systeme vom Typ 9M729 zu vernichten. Wenn das Land dies nicht tue, trage es die alleinige Verantwortung für das Ende des INF-Vertrags.

Ob die NATO im Fall des endgültigen Endes des Abkommens selbst neue Mittelstreckensysteme in Europa aufbauen könnte, geht aus der vom Nordatlantikrat verabschiedeten Erklärung nicht hervor. Dort heißt es lediglich, die NATO werde weiter die notwendigen Schritte unternehmen, um die "Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit der Verteidigungs- und Abschreckungsfähigkeiten" sicherzustellen.

Suche nach konstruktiver Beziehung mit Russland

Zugleich machen die 29 Bündnisstaaten deutlich, dass sie sich weiterhin für Abrüstung und Rüstungskontrolle einsetzen und eine konstruktive Beziehung zu Russland anstreben. Letzteres hänge aber vom Handeln Moskaus ab, heißt es in der Erklärung.

Nach der Aufkündigung des INF-Abrüstungsvertrags durch die USA haben die Friedens- und Abrüstungsorganisationen Ican und IPPNW die deutsche Bundesregierung aufgefordert, alles gegen ein mögliches neues Wettrüsten und eine Stationierung von neuen nuklearen Mittelstreckenraketen in Europa zu tun. "Die Bundesregierung sollte jetzt aufhören, nur auf der Seite der NATO zu stehen", sagte Xanthe Hall, Abrüstungsreferentin der IPPNW und Vorstandsmitglied von Ican Deutschland, der Nachrichtenagentur AFP am Freitag. "Die Bundesregierung sollte jetzt klar im Sinne der deutschen Bevölkerung sagen: Wir wollen hier keine Atomwaffen, wir wollen keinen neuen Kalten Krieg in Europa haben."

Hall sprach von einer "sehr großen Enttäuschung", dass die USA und Russland "es nicht geschafft haben, vernünftig über die Vorwürfe zu reden". Der INF-Vertrag verbietet landgestützte Raketen und Marschflugkörper mit einer Reichweite zwischen 500 und 5.500 Kilometern, die Atomsprengköpfe tragen können. Die USA und die NATO werfen Russland vor, mit seinem Marschflugkörper 9M729 gegen das Abkommen zu verstoßen. Moskau bestreitet dies. Die USA erklärten am Freitag ihren Ausstieg aus dem Abkommen; damit beginnt eine sechsmonatige Frist, an deren Ende die Kündigung formell in Kraft tritt.

Gegenseitige Vorwürfe werden geprüft

Mit Blick auf die Kritik der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an Russland und die Ankündigung, nun mit Moskau verstärkt Gespräche führen zu wollen, sagte Hall: "Ich glaube nicht, dass es etwas bringt, wenn man nur mit Russland redet und gleichzeitig die NATO in Schutz nimmt." In der im INF-Vertrag vorgesehenen Sonderkommission müssten die "gegenseitigen Vorwürfe" geprüft werden. Die einseitige Parteinahme für die NATO habe "sehr viel mit der gegenwärtigen Angst zu tun, dass die NATO auseinanderfällt". Da allerdings weder die USA noch Russland anscheinend ein echtes Interesse daran hätten, am INF-Vertrag festzuhalten, weil er ihnen zu viele Einschränkungen auferlege, sei sie "wenig optimistisch", dass zur Wahrung des Vertrags weiter verhandelt werde, sagte Hall der AFP.