"Das aus der Geschichte so schmerzvoll Gelernte darf nicht wieder in Vergessenheit geraten, um Wiederholungen solcher Verbrechen künftig zu verhindern", hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Sonntag zum Internationalen Holocaust-Gedenktag gemahnt.

"Es schmerzt, sich an das Leid zu erinnern, das so vielen Menschen durch große Teile der Bevölkerung, eigene Nachbarn, ein menschenverachtendes Regime zugefügt wurde", schrieb Van der Bellen auf Twitter. "Erinnern wir uns all der Vertriebenen, Gefolterten und Ermordeten. Schauen wir nicht weg, wenn heute Menschen entwürdigt und entrechtet werden. Menschenrechte, Menschenwürde und Grundrechte gelten für alle und immer. Sie sind unteilbar."

Parteien: Gedenken per Twitter

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erinnerte in einer Twitter-Meldung an den Gedenktag: "Es ist unsere Pflicht, uns an die Opfer des Holocaust zu erinnern und ihrer zu gedenken und sicherzustellen, dass sich diese dunklen Zeiten niemals wiederholen."

Auch die SPÖ nutzte den Online-Nachrichtendienst. "Die Verbrechen des Nationalsozialismus dürfen nicht vergessen werden. Das totalitäre NS-Regime hat Millionen Menschen vernichtet und Europa in Schutt und Asche gelegt. Wer die NS-Verbrechen verharmlost oder leugnet, verlässt den Boden unserer menschlichen Werte", mahnte man via Twitter

Der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn äußerte sich ebenfalls auf Twitter folgendermaßen: "Fassungslos blicken wir heute auf die Ereignisse zurück. Wie konnte es dazu kommen? Warum haben so wenige Menschen sich zur Wehr gesetzt, als ihre jüdischen Nachbarn verfolgt und verschleppt wurden?"

Bei Berichten über Aufarbeitung säumig

Kritik kommt indes vom Simon Wiesenthal Zentrum Jerusalem. In seinem aktuellen Jahresbericht über die JAhre 2017/18 wird Österreich wegen mangelnder Anstrengungen NS-Verbrecher zu bestrafen kritisiert.

In Österreich sei 2011 die Forschungsstelle Nachkriegsjustiz gebildet worden. Diese Arbeitsgruppe sollte mutmaßliche NS-Verbrecher ermitteln und die 526 öffentlichen Gerichtsakten mit Bezug zu NS-Verbrechen umfassend durchforsten. Erneut seien positive Ergebnisse ausgeblieben. Ein Zwischenbericht der Forschungsstelle, der für Mitte 2011 angekündigt gewesen sei, sei nach wie vor nicht erschienen, geschweige denn ein für 2012 avisierter Abschlussbericht.

"Trotz einer großen Zahl an Verdächtigen hat Österreich in mehr als 30 Jahren keinen einzigen Nazi-Verbrecher für Verbrechen an Juden während des Holocaust bestraft", kritisiert das Wiesenthal Zentrum, das seit seiner Gründung 1977 für die weltweite Suche nach untergetauchten Nazi-Verbrechern und Kollaborateuren bekannt ist.

"Erinnerungskultur bröckelt"

Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel (CDU) merkt in einer Stellungnahme an, dass jeder Einzelne die Aufgabe habe, "auch Verantwortung dafür zu tragen, dass wir null Toleranz gegen Antisemitismus, Menschenfeindlichkeit, Hass und Rassenwahn zeigen". 

Außenminister Heiko Maas (SPD) wies in der "Welt am Sonntag" darauf hin, dass der Zeitpunkt näher rücke, an dem Zeitzeugen nicht mehr vom NS-Unrecht berichten könnten. "Unsere Erinnerungskultur bröckelt, sie steht unter Druck von extremen Rechten." Maas: "Wir sehen, wie in ganz Europa Nationalismus propagiert wird und Feindbilder genutzt werden, um die eigene dumpfe Ideologie zu rechtfertigen. Rechtspopulistische Provokateure relativieren den Holocaust - im Wissen, dass ein solcher Tabubruch maximale Aufmerksamkeit beschert."