Daniel Günther flüchtet vor der Zukunft. Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident setzte in der Hamburger Messe zu einem kleinen Spur an, um dem Post-Roboter, der Pakete autonom zu den Empfänger bringt, zu entkommen. Und sprang dabei in ein Utopiemodell eines Autoherstellers. Dies war natürlich nur als Spaß gemeint, denn anschließend ließ sich das Präsidiumsmitglied der CDU von einem Postvertreter die zukunftsweisende Technik erklären. Der Moment zeigte symbolisch, dass der zweite Tag des Parteitags schon voller Gelöstheit war. Die große Anspannung vor der Wahl einer Nachfolge von Angela Merkel war gewichen. Am zweiten Tag konnte sich die konservative Partei ganz auf die inhaltlichen Debatte konzentrieren. Dies ist auch dringend nötig, weil ja der Dreikampf zwischen Annegret Kramp-Karrenbauer, Friedrich Merz und Jens Spahn in den vergangenen Wochen deutlich gemacht hat, dass es einen Richtungsstreit in der Union gibt. Das knapp Wahlergebnis in der Stichwahl zugunsten von Kramp-Karrenbauer legte auch frei, dass die Partei etwa in zwei gleichgroße Teile gespalten ist.

Auch deshalb hat sich die neue Parteichefin Paul Ziemiak als neuen Generalsekretär ausgewählt. Der 33-jährige Chef der Jungen Union zählt zum Lager von Merz und Spahn. Mit ihm gemeinsam will die neue Parteivorsitzende die Reihen schließen. Doch der Auftakt begann knirschend. Bei der Wahl des neuen Generalsekretärs erhielt der junge Bundestagsabgeordnete nur 62,8 Prozent. Zum Vergleich: Kramp-Karrenbauer hatte an 26. Februar 2018 noch 98,87 Prozent für ihre Wahl für das selbe Amt erhalten. Und so sprang Ziemiak auf die Bühne, nahm die Wahl, bedankte sich artig und sprach von einem „ehrlichen Ergebnis“, das ihm Ansporn sein werde.

"Unglücklicher Patzer"

Tatsächlich hatte einige Delegierte irritiert, dass es in den öffentlichen Aussagen von ihm und der neuen Parteichefin in den vergangenen Tagen Differenzen darüber gegeben habe, wann er für diese Amt angesprochen wurde. Ziemiak betonte zudem, er habe ihr Angebot zunächst abgelehnt, nach der Wahl und einem neuen Gespräch mit Kramp-Karrenbauer aber dann doch zugesagt. Für den Neuanfang sei diese mangelnde Transparenz und der Widerspruch nicht förderlich gewesen, hieß es in Parteikreisen. Auch über eine mögliche Nachwehe nach der misslungenen Kandidatur von Friedrich Merz als Ursache für das schlechte Ergebnis wurde in den Gängen debattiert. Einige Anhänger aus dem Lager von Merz und Spahn sehen Ziemiak auch lediglich als Überläufer in das AKK-Lager. Vielleicht war es aber auch lediglich der unglücklicher Patzer von Ziemiak in seiner Bewerbungsrede. Dort verwechselte er den Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri mit dem nach Tunesien abgeschobenen Leibwächter von Osama bin Laden, Sami A. Jedenfalls ist diese schlechte Ergebnis für den JU-Chef sondern auch für die neue Parteivorsitzende.

Der CSU-Vizevorsitzende und Spitzenkandidat für die Europäische Volkspartei Manfred Weber hatte den zweiten Parteitag mit der ausdrücklichen Mahnung nach mehr Einigkeit begonnen. Er räumte dabei ein, dass auch seine bayerische Schwesterpartei habe sich nicht immer glücklich verhalten. Die Migrationsdebatte habe die Union insgesamt „durchgerüttelt“, sagt Weber. Nun sollte man in Zukunft schauen und nicht mehr die Differenzen der Vergangenheit herausstellen. Entscheidend sei doch, was beide Parteien daraus gelernt hätten. Bei allen Unterschieden zwischen Christsozialen und Christdemokraten gelte dennoch das Motto: „Gemeinsam sind wir stark.“ Auch wenn beide Parteien ihren eigenen Kopf hätten.

Bei der Debatte über die Deutsche Bundeswehr zeigte sich zudem, dass sich noch eine andere Karriere in der CDU einen Knick bekommen hat. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bekam für ihre Rede auf dem Parteitag äußerst spärlichen Applaus. Sie warb vor allem für eine bessere Ausstattung des deutschen Heeres. Zum Teil wirkten ihre Pausen so, als warte sie auf Beifall, der dann nur vereinzelt kam. Sie hatte am Abend des ersten Tages auch das schwächste Ergebnis für einen der fünf Stellvertreterposten der neuen Parteivorsitzenden. Nur 57,47 Prozent erhielt sie von den Delegierten in Hamburg. Zum Vergleich Volker Bouffier erhielt 90 Prozent und Julia Klöckner 86 Prozent. Armin Laschet immerhin noch 76 Prozent und Thomas Strobl 59 Prozent. Die Verteidigungsministerin muss sich derzeit mit zahlreichen Problemen in ihrem Ministerium und in der Bundeswehr herumschlagen. Vor allem eine Berateraffäre im Verteidigungsministerium wird ihr persönlich angelastet, der Ruf nach einem Untersuchungsausschuss steht im Raum.