Die Symbolik war nicht ganz die beabsichtigte. Nebeneinander, so wie nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo vor drei Jahren, marschierten die politischen Führer von fast 70 Staaten am Sonntag zum Pariser Triumphbogen, um gemeinsam des 100. Jahrestags des Weltkriegsendes zu gedenken. Doch wer machte da nicht mit? Ausgerechnet Donald Trump und Wladimir Putin.

Die beiden Schmuddelkinder unter den Großmächten störten damit die Inszenierung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der beim "Weltkriegsgipfel" einen pathetischen Appell zu internationaler Zusammenarbeit und Friedenspolitik lancierte. "Ich wünsche, dass wir an diesem Tag unser ewiges Versprechen erneuern, unsere Toten zu ehren, den Frieden über alles zu stellen - weil wir den Preis dafür kennen", sagte Macron, der sich als unverbesserlicher Optimist gab. "Wenn wir es möchten, kann unsere Welt am Beginn einer neuen Ära stehen", zeichnete er das Bild einer Welt ohne Hunger, Intoleranz, Armut und vereint im Kampf gegen den Klimawandel.

Macron warnte vor Rückkehr der "alten Dämonen"

So manches Wort des französischen Präsidenten dürfte Trump und Putin nicht wirklich geschmeckt haben. Etwa, als er vor der Rückkehr "alter Dämonen" in der internationalen Politik warnte und dabei Nationalismus und Isolationismus verurteile, aber auch jene, "die Lügen verbreiten".

Macron hatte alles getan, um die traditionell martialische Kriegsfeier in einen Friedensgipfel umzufunktionieren. So hatte er die Staats- und Regierungschefs, darunter Bundespräsident Alexander Van der Bellen zunächst im Elysee-Palast empfangen. Dann ließ er sie zusammen wie ein großes Fußballteam in zwei roten Autobussen zur Prachtstraße Champs Elysee fahren.

Trump, Putin, aber auch der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu zogen aber ihre eigenen Wagenkolonnen vor, aus Sicherheitsgründen wie es hieß. Der US-Präsident traf erst Minuten, nachdem die Festgäste unter dem Triumphbogen Aufstellung genommen hatten, ein. Putin kam überhaupt als letzter Präsident. Beide stellten sich nicht hinten an, sondern postierten sich ins Zentrum - Trump an die Seite der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, Putin zwischen das Ehepaar Macron.

Barbusiger Protest gegen Putin

Der US-Präsident dürfte sich wohl auch seinen Teil gedacht haben, als es ausgerechnet bei seiner Fahrt zu einem Zwischenfall kam. Trotz der strengen Sicherheitsvorkehrungen durch die Polizei, die die Straßen rund um den Triumphbogen weiträumig abgeriegelt hatten, schaffte es eine Frau mit nacktem Oberkörper vor seinen Konvoi. Über ihren Brüsten stand das vom US-Präsidenten fest im politischen Sprachgebrauch verankerte Wort "Fake".

Eine Femen-Aktivistin wurde abgeführt
Eine Femen-Aktivistin wurde abgeführt © AP

Auch beim bis ins letzte Detail geplanten Programm, bei dem etwa acht Schüler Augenzeugenberichte vom Waffenstillstandstag vortrugen, wirkte der US-Präsident zeitweise gelangweilt. Macron hatte unter anderem den weltberühmten US-Geiger Yo-Yo Ma Johann Sebastian Bach spielen und die beninisch-französische Sängerin Angelique Kidjo eine Hommage an die Kriegsteilnehmer aus den Kolonien singen lassen.

Deutsch-französische Freundschaft

Wie ein roter Faden zog sich auch die deutsch-französische Freundschaft durch die Feier. Von der Seite der deutschen Kanzlerin Angela Merkel wich Macron nur, als er zum Rednerpult ging. Und dort sagte er dann etwas, was der französischen Rechten wohl nicht schmecken dürfte. "Frankreich ehrt auch jene, die für andere Länder gestorben sind, jene, die in der Vergangenheit gegen uns gekämpft haben", sagte er. Merkel musste für ihre Teilnahme an der Gedenkfeier indes Kritik vom Chef der rechtspopulistischen "Alternative für Deutschland", Alexander Gauland, einstecken. Dieser warf der Kanzlerin im ZDF vor, die Geschichte "nachträglich umzuschreiben" - und relativierte zugleich die Niederlage des Deutschen Reiches vor 100 Jahren.

Großes Lob für Macrons Initiative, auch Vertreter der Besiegten einzuladen, kam dagegen von Bundespräsident Alexander Van der Bellen. "Ich finde es schon wichtig, dieses Ereignis so zu begehen und ich bin Präsident Macron dankbar, dass er dies in dieser Weise macht", sagte er vor österreichischen Journalisten. "Dass so viele kommen, ist wichtig". Ähnlich wie Macron nannte er das Erinnern angesichts der aktuellen internationalen Spannungen wichtiger denn je. "Gerade dann muss man sich erinnern, wohin der Nationalismus der 30er Jahre geführt hat."

Großbritannien abwesend

Getrübt wurde das Weltkriegsgedenken auch durch die Abwesenheit Großbritanniens, des engsten Verbündeten Frankreichs im Ersten Weltkrieg. Während fast alle EU-Staaten auf höchster Ebene vertreten waren, schickte die britische Premierministerin nicht einmal ein Regierungsmitglied.

Sie alle waren in London unabkömmlich, wo beim Weltkriegsdenkmal Cenotaph eine große volksnahe Feier veranstaltet wurde, bei der 10.000 Kränze niedergelegt wurden. Viereinhalb Monate vor dem Austrittsdatum wurde an diesem trüben Herbsttag in Paris klar, wie weit sich Großbritannien bereits vor seinen EU-Partnern entfernt hat - und diese von ihm.