Die Entscheidung über eine Berufung des umstrittenen Richters Brett Kavanaugh an den Supreme Court rückt näher. Der US-Senat erhielt am Donnerstag die mit Spannung erwarteten Ergebnisse einer FBI-Untersuchung zu den Missbrauchsvorwürfen gegen den Anwärter für das höchste US-Gericht.

Der Vorsitzende des zuständigen Justizausschusses im Senat, Chuck Grassley, erklärte mit Blick auf den vertraulichen FBI-Report: "Da steckt nichts drin, was wir nicht schon wussten." Die Ermittler hätten bei ihrer Untersuchung keine Hinweise auf ein Fehlverhalten Kavanaughs gefunden.

Die Demokraten widersprachen dem. Sie kritisierten die Untersuchung außerdem als unzulänglich und forderten, den Bericht öffentlich zu machen. An diesem Wochenende könnte es im Senat zu der finalen Abstimmung im Senat zu Kavanaugh kommen. Der Ausgang ist offen.

Ernennung auf Lebenszeit

US-Präsident Donald Trump hatte Kavanaugh als Richter für den Supreme Court vorgeschlagen. Der oberste Gerichtshof der USA fällt wegweisende Entscheidungen für die Gesellschaft - und Kavanaughs Berufung könnte dem Gericht auf viele Jahre ein konservatives Übergewicht geben. Daher ist die Personalie Gegenstand heftiger parteipolitischer Kämpfe. Der US-Senat hat in der Frage das letzte Wort. Kurz vor der ursprünglich angesetzten Entscheidung des Senats waren schwere Missbrauchsvorwürfe gegen Kavanaugh öffentlich geworden, was den Prozess durcheinanderbrachte und verzögerte.

Mehrere Frauen werfen ihm sexuelle Übergriffe während dessen Schul- und Studienzeit vor. Kavanaugh bestreitet all diese Anschuldigungen vehement. Im Zentrum steht der Vorwurf der Psychologie-Professorin Christine Blasey Ford, die angibt, Kavanaugh habe bei einer Schülerparty in den 80er Jahren versucht, sie zu vergewaltigen.

Ford und Kavanaugh hatten vor einigen Tagen vor dem Justizausschuss öffentlich dazu ausgesagt. Einzelne Senatoren - überraschenderweise aus den Reihen der Republikaner - hatten danach angestoßen, dass das FBI den Vorwürfen noch einmal auf den Grund geht. Allerdings war die Untersuchung begrenzt auf wenige Tage.

Der nun vorliegende FBI-Bericht ist als geheim eingestuft und für die Senatsmitglieder nur in einer Geheimschutzstelle zugänglich. Am Donnerstag konnten sie den Report dort einsehen. Sie dürfen sich aber nicht öffentlich zu den Inhalten äußern.

Demokraten: FBI konnte nicht frei ermitteln

Die Demokraten im Senat kritisierten die restriktiven Bedingungen scharf. Sie beklagten aber vor allem, die FBI-Untersuchung sei unvollständig, sie sei gezielt begrenzt worden - möglicherweise durch das Weiße Haus. Ford und Kavanaugh selbst seien nicht befragt worden, auch viele Zeugen nicht. Der demokratische Minderheitsführer im US-Senat, Chuck Schumer, sagte, er teile auch nicht Grassleys Meinung, dass es keine Hinweise auf Fehlverhalten gebe. Konkreter wurde Schumer nicht. Er forderte, die Geheimhaltung des FBI-Berichts aufzuheben und diesen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Trump beklagte sich am Donnerstag in mehreren Tweets, sein Kandidat werde unfair behandelt. Das FBI habe Kavanaugh nun zum siebten Mal durchleuchtet, schrieb der US-Präsident. Selbst wenn die Ermittler das 100 Mal täten, würde es den Demokraten nicht reichen, da es ihnen nur um Blockade gehe, kritisierte er. Das Weiße Haus erklärte in einer Mitteilung mit Blick auf den geheimen FBI-Bericht, man sei absolut sicher, dass der Senat Kavanaugh bestätigen werde.

"Es ist Zeit, abzustimmen"

Grassley mahnte, es sei Zeit abzustimmen . Er werde für Kavanaugh votieren. Allerdings ist unklar, ob alle Republikaner sich an die Parteilinie halten werden. Die Konservativen haben im Senat nur eine hauchdünne Mehrheit. Einzelne republikanische Senatoren haben zu erkennen gegeben, dass ihnen die Missbrauchsvorwürfe zu denken geben, ob Kavanaugh der richtige Kandidat für einen der einflussreichsten Richterposten des Landes ist.

Sollten die oppositionellen Demokraten im Senat geschlossen gegen eine Ernennung Kavanaughs stimmen - was als wahrscheinlich gilt - würden zwei Nein-Stimmen der Republikaner reichen, um die Ernennung Kavanaughs zu verhindern. Allerdings ist unklar, ob bei der Abstimmung möglicherweise auch noch einzelne demokratische Senatoren aus der Parteilinie ausscheren und für Kavanaugh stimmen könnten. Das Votum dürfte in jedem Fall sehr knapp ausfallen.

Am Freitag muss der Senat zunächst über einen Antrag der Republikaner abstimmen, die Senatsdebatte zu der Personalie zeitlich zu begrenzen. Der republikanische Mehrheitsführer Mitch McConnell hatte einen solchen Antrag bereits am Mittwoch eingereicht. Sollte dieser eine Mehrheit bekommen, könnte am Samstag die finale Abstimmung folgen.