Laut dem italienischen Premier Giuseppe Conte wird beim informellen EU-Gipfel in Salzburg darüber diskutiert, ob EU-Mitgliedsstaaten, die keine Migranten aufnehmen wollen, einen finanziellen Beitrag leisten sollen. Dies berichtete Conte in der Nacht auf Donnerstag nach Ende des Abendessens der EU-Staats- und Regierungschefs.

"Einige Länder, die keine Migranten aufnehmen, haben sich bereits zur Zahlung des finanziellen Beitrags bereit erklärt", berichtete Italiens Regierungschef nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur ANSA. Das Abendessen sei ganz auf Migrationsthemen fokussiert gewesen.

"Wie viel kostet ein Migrant?"

Scharfe Kritik gab es von Luxemburgs Regierungschef Xavier Bettel: Er sei "traurig" über den Wunsch, sich von Migranten freizukaufen. "Wir sind nicht am Markt, wir reden hier über Menschen." Er wolle jedenfalls keine Diskussion darüber wir beginnen, "wie viel ein Migrant kostet", hob Bettel hervor. Bei der Frage über die Verteilung von Flüchtlingen gebe es eindeutige Ministerratsbeschlüsse, so der Luxemburger in Anspielung auf einen Beschluss zur verpflichtenden Verteilungsquote von 2015. Diese Beschlüsse müssten berücksichtigt werden. Bisher hatten sich vor allem die osteuropäischen Staaten geweigert, Flüchtlinge aus Italien und Griechenland aufzunehmen. Das damals von einer SPÖ-ÖVP-Regierung geführte Österreich hatte dem Beschluss zugestimmt.

Kurz wartet ab

Eher ausweichend kommentiert Österreichs Bundeskanzler und EU-Gipfel-Vorsitzender Sebastian Kurz die Frage finanzieller Beiträge: Er habe den Eindruck, dass mehr und mehr von seinen Kollegen bewusst geworden sei, dass die Migrationsfrage nicht über Verteilung, sondern an der Außengrenze und durch Kooperation mit Transitländern gelöst werden müsse, so Kurz.

Mit der Verteilung von Flüchtlingen in Europa könne die Migrationsfrage nicht gelöst werden, sagte Kurz vor Beginn des zweiten Tages des informellen EU-Gipfels in Salzburg am Donnerstag. Zwar wollten einige Staats- und Regierungschefs der EU weiterhin darüber zu diskutieren, deshalb "werden wir das weiterhin auf der Agenda haben". Die Chance, über das Thema Verteilung zu einer Lösung zu kommen, halte er selbst aber für "überschaubar".

Die Atmosphäre beim Abendessen in der Felsenreitschule sei "eine bessere gewesen, als wir das manchmal bei anderen Sitzungen hatten". Jedoch hätten es "nicht allzu viel Bewegung" gegeben, die Fronten seien weiterhin verhärtet.

Kurz drängt auf eine vertiefte Zusammenarbeit mit den nordafrikanischen Ländern. Der Vorschlag, mit "Ägypten und anderen" in Gespräche zu treten, sei von allen EU-Staats- und Regierungschefs unterstützt worden. Bereits im Vorfeld des Salzburger Gipfels hatten EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kurz am vergangenen Sonntag mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi erste Gespräche über eine mögliche Kooperation und einen Gipfel in Ägypten geführt. Tusk will Al-Sisi erneut am Sonntag in New York darauf ansprechen.