Nach der Wahl in Schweden ist das Ergebnis so knapp, dass Briefwahlstimmen aus dem Ausland darüber entscheiden könnten, welches Lager die Regierung bilden kann. Weniger als ein halber Prozentpunkt liegt derzeit zwischen dem rot-grünen und dem liberal-konservativen Block, ein Mandat trennt sie.

Noch bis Mittwoch werden noch Briefwahlstimmen und Stimmen aus dem Ausland gezählt. Erfahrungsgemäß könnten die Sozialdemokraten dabei noch ein oder zwei Zehntel verlieren, sagte der Politologe Sören Holmberg im schwedischen Fernsehen.

Im Ausland wohnende Schweden konnten in rund 250 Wahllokalen auf der ganzen Welt abstimmen. Nach Einschätzung von Experten könnten so allein 50.000 bis 60.000 Stimmen zusammengekommen sein, dazu kommen noch spät abgeschickte Briefwahlunterlagen aus Schweden.

Bis zu 60.000 Stimmen ausständig

Alles deutete zunächst auf einen Patt der traditionellen politischen Lager hin. Schweden war zuletzt einer von nur noch sechs EU-Staaten mit klassischer Mitte-links-Regierung. Nun müssen die Sozialdemokraten, die Westeuropa geprägt haben wie kaum eine Partei, auch in ihrem europäischen Vorzeigeland große Verluste einstecken.

Die Sozialdemokraten verloren 2,8 Prozentpunkte und kommen nur noch auf 28,4 Prozent. Noch etwas mehr verloren die konservativen Moderaten, die bei 19,8 Prozent landen. Das dürfte beide Parteien auch mit Blick auf die Europawahl im Mai kräftig unter Druck setzen.

Die Schwedendemokraten zogen bei der Präsentation der ersten Zahlen zunächst lange Gesichter, feierten dann aber ihren historischen Erfolg. Die einwanderungsfeindliche Partei kommt auf 17,6 Prozent (plus 4,7 Prozentpunkte). Ihre Wahlkämpfer hatten noch mehr erwartet. Zwischenzeitlich sah es so aus, als wäre ihnen Platz zwei sicher, doch am Ende wurden sie nur drittstärkste Kraft.

Mehrere Umfrageinstitute sahen die Rechtsdemokraten vor dem Urnengang sogar ganz vorn. Denn die Flüchtlingskrise von 2015 hat auch Schweden verändert, das lange als moralische Großmacht mit offenen Armen galt. Genau wie Deutschland oder Österreich nahm das skandinavische Land im Verhältnis zur Bevölkerung viele Flüchtlinge auf. Genau wie in Deutschland oder Österreich wuchs trotz blühender Wirtschaft und niedriger Arbeitslosigkeit eine diffuse Angst in Teilen der Bevölkerung.

Und genau wie in Deutschland und Österreich profitiert davon nun eine populistische Partei, die das düstere Bild einer Gesellschaft zeichnet, in der sich die Politik nicht um die Alteingesessenen kümmert. Ein Abschied von der perfekten Bullerbü-Welt. Mit der Wahl vom Sonntag setzt sich ein Rechtsruck fort, der seit der Flüchtlingskrise fast alle Wahlen in Europa geprägt hat. Erneut werden die Sozialdemokraten stark abgestraft, ähnlich wie vor einem Jahr in Deutschland und wie in Italien und Österreich.

Schwierige Regierungsbildung

Durch das starke Ergebnis der Rechtspopulisten könnte das traditionelle schwedische Zwei-Blöcke-System (Rot-Grün gegen Konservative) jetzt Geschichte sein. Die Schwedendemokraten verhindern jede stabile Regierungsmehrheit für eines der beiden Lager. 

Die Regierungsbildung wird extrem schwierig, denn keine Partei will ihren traditionellen Block verlassen - eine Koalition mit den für ihre rechtsextremistischen Wurzeln und strenge Einwanderungspolitik kritisierten Schwedendemokraten wollen sie allerdings erst recht nicht eingehen. Minderheitsregierungen sind in Schweden zwar normal. Jedes denkbare Bündnis aber wäre bei Abstimmungen im Parlament auf die Zustimmung der Schwedendemokraten angewiesen. Das wollen die traditionellen Parteien eigentlich verhindern, denn es würde den Rechtspopulisten, ähnlich wie in Dänemark, die Macht geben, als Mehrheitsbeschaffer die eigene Politik mit durchzudrücken. Eine Position, die fast komfortabler ist als die einer Regierungspartei.