Für die 150 Migranten an Bord des italienischen Küstenwacheschiffes "Diciotti", die seit Montag auf die Landung im Hafen von Catania warten, ist keine Lösung erzielt worden. Bei dem Treffen von zwölf EU-Staaten in Brüssel, darunter Österreich, habe es keine Einigung über eine mögliche Verteilung der Flüchtlinge gegeben, verlautete am Freitag aus Kreisen des italienischen Innenministeriums.

Italien verlangt von anderen EU-Staaten, dass diese ebenfalls Flüchtlinge aufnehmen. Die EU-Partner lehnten die Forderung der italienischen Regierung mit der Begründung ab, dass die Zahl der in diesem Jahr in Italien eingetroffenen Migranten stark gesunken sei. Es bestehe daher keinerlei Bedarf zur Umverteilung. Zuvor hatten Sprecher der EU-Kommission betont, dass es sich um ein informelles Treffen handle, bei dem man zwar nach Lösungen für die Migranten suche, allerdings keine Entscheidungen treffen werde.

Aus dem Innenministerium in Rom verlautete, dass keine weiteren Migranten das Schiff verlassen werden. Italien hatte am Mittwoch bereits 27 Minderjährige an Bord der "Diciotti" an Land gehen lassen.

"Das ist skandalös"

Das ergebnislose Treffen in Brüssel löste in Italien Diskussionen aus. "Salvini ist auch von seinen Freunden der Visegrad-Gruppe im Stich gelassen worden. 150 Personen werden an Bord eines Schiffes als Geiseln Salvinis gehalten. Das ist skandalös", so der sozialdemokratische Senator Andrea Marcucci.

Inzwischen ist Salvini wegen seines Einwanderungskurses ins Visier einer Gruppe von Bürgern aus Treviso geraten, die ihn wegen "Aufhetzung zu Rassismus" angezeigt haben. Dabei bezogen sich die Bürger auf ein Gesetz aus dem Jahr 1993, das jegliche Form von Rassismus und ethnischem Hass mit schweren Strafen ahndet.

Als erschwerender Umstand wurde hervorgehoben, dass Salvini in seiner Rolle als Innenminister und Vizepremier den in der Verfassung verankerten Werten die Treue geschworen habe. Unter anderem bezogen sich die Kläger auf die Aufforderung Salvinis nach einer Erhebung der Zahl der in Italien lebenden Sinti und Roma.

Italien wird Konsequenzen ziehen

Italien reagiert verärgert auf das ergebnislose Treffen von zwölf EU-Staaten in Brüssel, darunter Österreich, über eine mögliche Verteilung der Flüchtlinge an Bord des Schiffes "Diciotti", die seit vier Tagen in Catania auf die Landung warten. Europa habe eine gute Gelegenheit verloren, die "Prinzipien der Solidarität und der Verantwortung" zur Geltung zu bringen, so Premier Giuseppe Conte.

Der italienische Regierungschef sprach von einer Kluft zwischen den Worten der EU-Mitglieder, die sich beim EU-Gipfel im Juni zur Solidarität mit Italien im Umgang mit der Flüchtlingsproblematik bekannt hatten, und den Tatsachen. "Italien wird Konsequenzen ziehen", drohte Conte. Italien hatte der EU mit einem Zahlungsstopp gedroht, sollte es keine rasche Einigung auf eine Übernahme der Flüchtlinge auf der "Diciotti" durch die EU-Partner geben.