Nach dem mutmaßlichen Attentat auf Präsident Nicolas Maduro glaubt die venezolanische Regierung, die Drahtzieher des Anschlags ausgemacht zu haben. Kopf und Finanzier der Verschwörung sei ein Mann in Miami, sagte Maduro in einer Fernsehansprache in der Nacht auf Mittwoch (Ortszeit). Zudem seien die oppositionellen Abgeordneten Julio Borges und Juan Requesens in die Tat verwickelt.

"Die Aussagen deuten auf Julio Borges hin, der in einem herrschaftlichen Haus in Bogota lebt. Wir wissen, dass er die Feigheit besitzt, sich an so einer Sache zu beteiligen", sagte der Staatschef. Borges ist einer der bekanntesten Regierungsgegner Venezuelas. Im vergangenen Jahr wurde er mit dem Sacharow-Menschenrechtspreis des Europäischen Parlaments ausgezeichnet.

Das Oberste Gericht Venezuelas hat indes die Festnahme von Borges angeordnet. Das Gericht verlangte laut einer Mitteilung vom Mittwoch die "sofortige Festnahme" des Abgeordneten wegen Mordes. Die Justiz wirft dem im Exil lebenden früheren Parlamentspräsidenten vor, maßgeblich in den mutmaßlichen Anschlagsversuch auf Maduro verwickelt gewesen zu sein.

Julio Borges
Julio Borges © APA/AFP/RAUL ARBOLEDA

Farce

"Weder das Land noch die Welt glauben an diese Farce von einem Attentat. Wir alle wissen, dass das ein Vorwand ist, um jene zu verfolgen und zu verurteilen, die Widerstand gegen die Diktatur leisten", schrieb Borges auf Twitter. "Nicolas Maduro, du bist schuld an dem Weg der Zerstörung, den wir beschreiten. Suche nicht nach weiteren Verantwortlichen."

Die Partei Primero Justicia teilte am Dienstag mit, ihr Abgeordneter Requesens und seine Schwester Rafaela seien vom venezolanischen Geheimdienst Sebin festgenommen und misshandelt worden. Rafaela Requesens wurde demnach später freigelassen. Juan Requesens hatte zuvor in einer leidenschaftlichen Rede versprochen, Maduro zum Abschied zu bewegen, um "diese Tragödie" zu beenden.

"Wenn Gerechtigkeit kommt, kommt sie hart", erklärte der Vorsitzende der dem Präsidenten ergebenen, verfassunggebenden Versammlung, Diosdado Cabello, am Dienstag. Er setzte für Mittwoch eine Sitzung der mächtigen verfassungsgebenden Versammlung an. Dabei sollte beschlossen werden, die Immunität oppositioneller Parlamentsabgeordneter aufzuheben, die in die Anschläge "verwickelt" seien

Nach Angaben der Regierung hatten mutmaßliche Attentäter am Wochenende versucht, einen Bombenanschlag mit Drohnen auf Maduro zu verüben. Während einer vom Staatsfernsehen übertragenen Rede des Präsidenten waren Explosionen zu hören. Maduro blieb unverletzt. Nach offiziellen Angaben wurden aber sieben Nationalgardisten zum Teil schwer verletzt.

Das von der Opposition gehaltene, de facto entmachtete Parlament sprach sich am Dienstag für eine unabhängige Untersuchung der Drohnenexplosionen vom Samstag aus.

Mittlerweile deutet einiges darauf hin, dass es die Drohnen tatsächlich gegeben hat. Einzelheiten und Hintergründe sind allerdings noch immer unklar. Teile der Opposition gehen davon aus, dass das Attentat von der Regierung selbst inszeniert worden sein könnte, um die Repression gegen Kritiker zu verschärfen. Eine unabhängige Überprüfung des Vorfalls ist in Venezuela kaum möglich.

Als direkt an dem mutmaßlichen Anschlag Beteiligte wurden bisher sechs Verdächtige festgenommen. In seiner Ansprache zeigte Maduro ein Video mit Aussagen eines Festgenommenen. Demnach seien Auftragskiller im Nachbarland Kolumbien für das Attentat ausgebildet worden. Das Außenministerium werde Auslieferungsanträge gegen die Hintermänner in den USA und Kolumbien stellen, kündigte Maduro an.

Der autoritär regierende Sozialist hatte bereits am Wochenende den früheren kolumbianischen Präsidenten und Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos bezichtigt, hinter dem Angriff zu stecken. "Ich habe keine Zweifel daran, dass er daran beteiligt war", sagte Maduro nun erneut. "Santos hat Bogota zum Zentrum einer Verschwörung gegen die Demokratie und den Frieden in Venezuela gemacht."