Die erste europäische Filiale des russischen Motorradklubs "Nachtwölfe" schlägt hohe Wellen in der Slowakei. Während Polizei und Geheimdienste das private Areal im westslowakischen Dolna Krupa, rund 70 Kilometer von der Hauptstadt Bratislava entfernt, vorläufig nur beobachten, starteten Anrainer eine Unterschriftensammlung gegen die Putin-nahe Biker-Gang.

Grund der Empörung ist ein Privatgelände am Rande der Kleingemeinde, unmittelbar an der Zufahrtsstraße zur Kreisstadt Trnava und unweit des slowakischen Atomkraftwerks Jaslovske Bohunice gelegen. Das weitläufige Areal, das mit seinen Gebäuden in militärischen Tarnfarben, hohem Zaun mit Stacheldraht und zahlreichen alten Militärfahrzeuge im Hof an einen Armee-Stützpunkt erinnert, ist in Besitz des Unternehmers Jozef Hambalek, laut Medienberichten ein slowakisches Mitglied der Nachtwölfe. Laut einer Mitteilung der russischen Botschaft in Bratislava wurde dort am 23. Juni eine Zentrale der Motorradgang eingerichtet.

Die Gemeindeleitung solle gegen jede gesetzwidrige Nutzung des Privatgeländes "unverzüglich" einschreiten, forderten jetzt die Anrainer, denen die Anwesenheit der Biker in unmittelbarer Nachbarschaft nicht geheuer ist. Ebenso müsse das Verteidigungsressort gegen heimische wie auch ausländische "paramilitärische Truppen" wesentlich entschiedener vorgehen, hieß es.

Initiiert hätten die Petition überwiegend junge Bewohner, in der Gemeinde sei sie aber auf große Zustimmung gestoßen, erklärte Bürgermeister Teofil Mihalovic gegenüber der slowakischen Nachrichtenagentur. Es seien bereits duzende Unterschriften gesammelt worden, nur seien der Gemeindeleitung die Hände gebunden.

Sicherheitsrisiko für die Nation

Sicherheitsanalytiker sowie liberale slowakische Medien warnten bereits Mitte Juli, die Putin-Biker seien ein Sicherheitsrisiko für das NATO-Land Slowakei. Auch das Außenministerium in Bratislava sah die "Etablierungs-Bemühungen" des Klubs in der Slowakei mit Sorge, vor allem in Bezug auf "ihre Thesen am Rande von Revanchismus und Umschreibung der Geschichte", erklärte Pressesprecher Peter Susko.

Die zuständigen Behörden blieben dennoch untätig. Vonseiten der Putin-Biker wurde keinerlei gesetzeswidrige Tätigkeit registriert, hieß es aus dem Innenressort. Auch die ausgemusterten Militärfahrzeuge und Panzer im Areal von Hambalek, eine Leihgabe des Militärischen historischen Instituts (VHU) beim Verteidigungsressort für ein angeblich geplantes Militärmuseum, seien ja schussunfähig, versicherte die Polizei.

Erst nachdem bekannt wurde, dass auch die kontroverse Heimwehrtruppe Slowakische Rekruten (Slovenski branci) sowohl das Areal der Nachtwölfe als auch die VHU-Technik für ein paramilitärisches Training genutzt hatte, horchte das Verteidigungsministerium in Bratislava auf. Ressortchef Peter Gajdos (SNS) suspendierte umgehend den Chef des VHU, Miloslav Caplovic, und forderte empört die sofortige Rückgabe der Militärtechnik. Ende Juli wandte er sich schließlich auch an die Generalstaatsanwaltschaft mit einem Antrag auf Überprüfung der Rekruten-Tätigkeit.

Der weitere Umgang mit der Nachwölfe-Zentrale blieb unterdessen unklar. Heftige Kritik übte letzte Woche Staatspräsident Andrej Kiska, der den Polizeipräsidenten Milan Lucansky vorgeladen hatte. Die Biker seien "keine harmlosen Motorradfans, sondern ein Werkzeug des Regimes, das sich an der Annektierung von Teilen der Ukraine beteiligt hat", erklärte Kiska. Die Äußerungen von Lucansky, wonach die Polizei nur handeln könne, wenn die Nachtwölfe gegen geltende Gesetze verstoßen würden, nannte er "eine erbärmliche Sicherheitsstrategie".

Sichtlichen Handlungs-Unwillen des Innenressorts unter Leitung der sozialdemokratischen Innenministerin Denisa Sakova sehen slowakische Medien in Zusammenhang mit der Tatsache, dass ihr Vorgänger, der umstrittene langjährige Ex-Chef des Innenressorts Robert Kalinak, selbst begeisterter Motorradfahrer, mit dem Unternehmer Hambalek befreundet ist. In der stärksten slowakischen Regierungspartei Smer (Richtung) hat Kalinak trotz seines Rücktritts in Folge der Massenproteste nach dem Mord am Investigativjournalisten Jan Kuciak weiterhin eine starke Position.

Die bürgerliche Opposition kündigte in der Zwischenzeit an, bei der bevorstehenden außerordentlichen Tagung des Parlamentsausschusses für Sicherheit Ende der Woche Ministerin Sakova auch bezüglich der Putin-Biker gründlich befragen zu wollen. "Wir wollen wissen, warum unsere Organe nicht gehandelt haben", sagte Milan Laurencik von der neoliberalen Freiheit und Solidarität (SaS). Die Ansiedlung der Nachtwölfe zeige nämlich, dass die Slowakei von einigen Ländern als "schwaches Glied der NATO und EU gesehen" werde.