Die iranische Justiz hat Medienberichte über den Tod eines Demonstranten bei den jüngsten Unruhen in der Stadt Karaj bestätigt. Eine Verwicklung der Polizei oder der Sicherheitskräfte wies der Staatsanwalt der Stadt, Reza Schakarami, am Sonntag allerdings zurück. Demnach sollen bewaffnete Demonstranten auf Polizisten geschossen und den Rücken des 26-Jährigen getroffen haben.

Die Nachrichtenagentur Fars hatte am Samstag eine andere Version vom ersten Todesfall bei den jüngsten Unruhen geliefert. Demnach wurde auf den jungen Mann am Freitagabend aus einem fahrenden Auto heraus geschossen. Mindestens 20 Demonstranten seien in Karaj und Umgebung festgenommen worden. Laut Fars führten diesmal mehr Frauen als Männer die Demonstrationen an. Bei den Unruhen seien laut Staatsanwalt auch drei Polizisten verletzt worden.

Wegen der akuten Wirtschaftskrise kommt es Berichten zufolge seit einigen Tagen in iranischen Städten zu Unruhen. Am Dienstag treten einige US-Sanktionen gegen den Iran wieder in Kraft. Sie werden die Probleme in dem Land weiter verschärfen.

Nach den Protesten zur Jahreswende und im Juni ist dies bereits die dritte Protestwelle. Sie richtet sich nicht nur gegen die Wirtschaftspolitik, sondern teilweise auch gegen den regierenden Klerus. Sogar eine Koranschule wurde in der Nähe der Hauptstadt Teheran angegriffen. Die Kleriker konnten sich jedoch rechtzeitig in Sicherheit bringen.  

Nach anfänglichem Schweigen haben mehrere Behörden die Berichte über Unruhen in den sozialen Netzwerken bestätigt, sie sprechen aber von kleineren Versammlungen. Auf Bildern und Videos sind aber auch heftige Zusammenstöße von Hunderten Demonstranten mit Ordnungskräften zu sehen. Eine unabhängige Überprüfung der Angaben oder von Datum, Ort und Herkunft der Internetberichte ist nicht möglich.

Der iranische Präsident Hassan Rouhani hat sich unterdessen bereit erklärt, im Parlament Rede und Antwort zur schweren Wirtschaftskrise zu stehen. Es ist das erste Mal, dass der als gemäßigt geltende Rouhani während seiner fünfjährigen Amtszeit ins Parlament bestellt wurde. 

Die Vorladung sei verfassungswidrig, kritisierte Rouhani, und in der derzeitigen Krise auch unklug. Er wolle aber Spannungen mit dem Parlament vermeiden, fügte er in einem Schreiben am Sonntag an Parlamentspräsident Ali Larijani hinzu.

Die Finanzkrise und der massive Verfall der nationalen Währung um mehr als 50 Prozent hatten in den vergangenen Wochen zu Protesten gegen die Regierung und in den vergangenen Tagen auch zu Unruhen geführt. Rouhani wird nicht nur von Hardlinern, sondern auch von seinen eigenen Anhängern für die Krise verantwortlich gemacht. Der Präsident wies diese Vorwürfe zurück. Die Probleme seien vielmehr durch die neuen Sanktionen der USA gegen den Iran ausgelöst worden.

Die neuen US-Strafmaßnahmen wurden festgesetzt, nachdem US-Präsident Donald Trump das Atomabkommen der internationalen Gemeinschaft mit dem Iran im Mai einseitig aufgekündigt hatte. Das Wiener Abkommen soll verhindern, dass der Iran Atomwaffen baut. Im Gegenzug wurden Sanktionen aufgehoben. Politische Beobachter in Teheran befürchten, dass Rouhani nun gegenüber den Hardlinern im Iran durch Trumps Politik weiter in die Defensive geraten könnte. Die Hardliner waren von Anfang an gegen das Atomabkommen.