Erstmals muss sich ein Ex-Mitarbeiter von US-Präsident Donald Trump als Folge der Russland-Ermittlungen vor Gericht verantworten. Seit Dienstag prüft ein Bundesgericht in Virginia die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft, Trumps ehemaliger Walkampfmanager Paul Manafort habe insgesamt 18 Steuer- und Betrugsstraftaten begangen.

Die Anklage will insbesondere zeigen, dass er mehr als 60 Millionen Dollar für Lobbyarbeit für die damalige prorussische ukrainische Regierung erhielt und einen großen Teil davon nicht versteuerte. Manafort hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Im September soll ein zweites Verfahren gegen ihn unter anderem wegen Geldwäsche beginnen.

Manafort arbeitete von Mai bis September 2016 für Trump. Seine mutmaßlichen Vergehen sollen zum größten Teil davor stattgefunden haben. Die Anklagen sind eine Folge der seit 14 Monaten laufenden Untersuchung des Sondermittlers Robert Mueller, der dem Verdacht einer Zusammenarbeit zwischen Russland und Trumps Wahlkampfteam nachgeht. Zwar will die Staatsanwaltschaft nach eigenen Angaben bei dem Verfahren in Virginia nicht auf diese Frage eingehen. Allerdings könnten bei der Verhandlung neue Einzelheiten über Manaforts Verbindungen zu Russland offengelegt werden.

Der Richter T.S. Ellis wollte noch am Dienstag darüber entscheiden, ob Beweismittel mit Ukraine-Bezug in dem Prozess zugelassen werden. "Diese Unterlagen sind relevant", sagte er mit Blick auf Material der Staatsanwaltschaft, die Einzelheiten zu Manaforts Geld enthalten sollen. Über die Angelegenheit sei aber noch nicht entschieden.

Viel steht auf dem Spiel

Für Mueller und Trump steht in dem Verfahren viel auf dem Spiel. Ein Schuldspruch würde Muellers Ermittlungen Auftrieb geben. Ein Freispruch könnte wiederum als Bestätigung für die Darstellung des Präsidenten gesehen werden, die Untersuchung sei eine "Hexenjagd". Trump hat sich abwechselnd von Manafort distanziert und dann wieder seine Sympathie ausgedrückt. Unmittelbar vor Beginn des Prozesses wiederholte Trump seine Darstellung, geheime Absprachen seien kein Verbrechen. Aber das sei nicht von Bedeutung, "weil es keine geheimen Absprachen gab (außer von der betrügerischen Hillary (Clinton) und den Demokraten)" schrieb er auf Twitter.

Mueller hat bisher 32 Personen angeklagt oder von ihnen Geständnisse erhalten. Darunter ist Manaforts frühere rechte Hand, Rick Gates, der mit der Staatsanwaltschaft kooperiert und als einer der wichtigsten Zeugen gilt.

Das Gerichtsverfahren in Virginia begann mit der Auswahl der Geschworenen. Insgesamt könnten 35 Zeugen geladen werden. Das Verfahren könnte mehr als drei Wochen dauern. Zwar könnte Manafort formell für einige der Anklagepunkte zu jeweils 30 Jahren Haft verurteilt worden. Experten gehen jedoch davon aus, dass er bei einem Schuldspruch insgesamt sieben bis zwölf Jahre erhalten würde. Manafort ist 69 Jahre alt.

Verbindungen zu Gusenbauer

Manafort hatte letzte Woche ein brisantes Dokument im US-Gerichtsregister veröffentlicht: In dem an Janukowitsch adressierten Memorandum vom 21. Februar 2013 zur "Hapsburg Group" werden zwar keine Namen genannt, jedoch Aktivitäten beschrieben, an denen auch Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer beteiligt war.

"Hapsburg" bezieht sich laut Ankläger Mueller auf eine Gruppe ehemaliger europäischer Politiker, die von einem als "Politiker A" bezeichneten europäischen Ex-Kanzler angeführt wurde und auch in den USA verdecktes Lobbying für die ukrainische Regierung unter Janukowitsch betrieben haben soll. "2012 und 2013 hat Manafort zumindest vier Konten in Offshore-Ländern benutzt, um mehr als zwei Millionen Euro an die Gruppe ehemaliger Politiker zu überweisen", heißt es in Muellers letzter Version der Anklageschrift vom 8. Juni 2016. Es gibt starke Vermutungen, dass es sich bei "Politiker A" um den Ex-Kanzler und früheren SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer handelt. "Hapsburg" ist eine im englischsprachigen Raum verbreitete Schreibweise der k.u.k. Herrscherdynastie.

In dem nun veröffentlichten Memorandum an den ukrainischen Staatschef Janukowitsch schrieb Manafort: "In den letzten 8-Monaten war das Hapsburg-Team in einer Fülle von Veranstaltungen, die zur Forcierung positiver Meldungen in Bezug auf die ukrainische Regierung inszeniert wurden, ausgesprochen aktiv." Abgesehen von öffentlichen Veranstaltungen habe das Team aber auch als wertvoller inoffizieller Kanal gedient und frühzeitige Informationen in Bezug auf relevante Themen bei EU-Kommission und anderen hochrangigen EU-Mitarbeitern geliefert, formulierte er weiter. Konkret habe das "Hapsburg-Team" inoffiziell mit Spitzenbürokraten wie dem damaligen EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso, der früheren EU-Außenbeauftragen Catherine Ashton und anderen in Brüssel kommuniziert, um der ukrainischen Regierung beim Finalisieren des EU-Assoziierung zu helfen.

Die Rede im Memorandum ist aber auch von wiederholten Kontakten zum Umfeld von Italiens damaligem Premierminister Mario Monti, von Frankreichs damaligem Präsident Francois Hollande, zu Vertretern des Weltwährungsfonds (IWF) und insbesondere zu dem damaligen EU-Parlamentspräsident Martin Schulz. "Wir haben auch erfahren, was JT (Julia Timoschenko, Anm.) in vertraulichen Gesprächen mit führenden Politikern der EU sagt. Das ist ein Erfolg des Habsburg-Netzwerks*", informierte Manafort seinen Auftraggeber in Kiew. Die politisch motivierte Strafverfolgung gegen Oppositionspolitikerin Timoschenko galt 2012 und 2013 als wesentliches Hindernis für eine Assoziierung der Ukraine mit der Europäischen Union.

Manafort verweist aber explizit auch auf eine Veranstaltung im November 2012 in Paris, an der neben dem polnischen Ex-Präsidenten Aleksander Kwasniewski auch Ex-Kanzler Gusenbauer aufgetreten war. "Jedes Mal, wenn wir JT in den Hintergrund rücken, machen wir Fortschritt und dem Westen bewusst, dass es positive Veränderungen in der Ukraine gibt", heißt es im Memorandum. Laut einer Presseerklärung hatte Gusenbauer seinerzeit betont, dass es falsch sei, die Situation in der Ukraine ausschließlich durch das Prisma der Causa Timoschenko zu sehen. Das Janukowitsch-kritische Wochenmagazin "The Ukrainian Week" hatte in diesem Zusammenhang wenige Tage nach der Pariser Veranstaltung erklärt, dass es sich beim österreichischen Ex-Kanzler um einen Lobbyisten von Janukowitschs "Partei der Regionen" handeln müsse.

Gusenbauer selbst hingegen bestritt nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Manafort im Februar 2018 Lobbying für Janukowitsch und seine Partei. Er habe sich 2012 und 2013 dafür eingesetzt, dass die Ukraine näher an Europa herangeführt würde und dass die EU mit ihr ein Assoziierungsabkommen abschließe, erklärte der Ex-Kanzler gegenüber der APA. Die Bezeichnung "Hapsburg Group" sei ihm unbekannt gewesen. Ohne konkrete Summen zu nennen, bestätigte der frühere SPÖ-Chef im Februar jedoch, dass diese Ukraine-Aktivitäten "remuneriert" - also vergütet - gewesen seien.