Muss mit einem Eklat beim Nato-Gipfel gerechnet werden? Donald Trump, der Party-Crasher?
Franz Eder: Bei ihm muss man immer mit allem rechnen. Ich habe es aufgegeben, Prognosen zu stellen. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass Trump Schritte setzt, die einem Eklat gleichkommen, aber das bedeutet nicht, dass die Nato morgen aufhört zu existieren oder dass sich die USA aus der Nato zurückziehen. Denn gerade bei der Nato sprechen in den USA andere Akteure ein gehöriges Wort mit, zuvorderst der Kongress. Also: Ja, es kann zum Eklat kommen, aber der gefährdet dann in keiner Weise die Existenz der Nato.


Der US-Präsident twitterte zuletzt: „Die USA geben weit mehr aus für die Nato als jedes andere Land, das ist nicht akzeptabel“. Hat er recht?
Franz Eder: Den größten Anteil an den Militärausgaben, und damit auch an den Ausgaben innerhalb der Nato, tätigen die USA. Das selbst gesteckte Ziel der Nato, bis 2024 zwei Prozent des BIP in die Verteidigung zu stecken, erreicht aktuell so gut wie kein Staat, abgesehen von den USA, Großbritannien und Griechenland. Trump kritisiert zu Recht, dass die USA den Löwenanteil für eine Verteidigung ausgeben, die vor allem Europa zugutekommt, während die Europäer seit Jahrzehnten mittlerweile die „Friedensdividende“, also jenen Teil, den man sich nach Ende des Kalten Krieges sparen konnte, in Bildung, Sozialausgaben etc. steckt.


Dennoch fällt Trump immer damit auf, dass er Freunde brüskiert und Feinde hofiert. Warum tut er das?
Franz Eder: Dass er sich vor jenen, denen er sich sicher ist, kein Blatt vor den Mund nimmt und sie damit mitunter auch unter Druck setzt, und andererseits versucht, die „Feinde“ durch Umgarnen zu einem besseren Verhalten zu drängen, mag Taktik sein. Aber eine wirkliche Logik erkennt man nicht dahinter.


Jetzt hat sogar EU-Ratspräsident Donald Tusk den US-Präsidenten daran erinnert, wer sein „strategischer Freund“ ist. Hat Trump nicht verstanden, dass die Nato sein Freund ist?
Franz Eder: Ich würde eher sagen: Tusk hat nicht verstanden, dass die europäischen Probleme nicht zwangsläufig jene der USA sind. Der Fokus der US-Außen-Sicherheitspolitik liegt schon lange nicht mehr auf Europa.