Bei den Beratungen der britischen Regierung zum Brexit-Kurs dürfte es heute (Freitag) zum Machtkampf zwischen Premierministerin Theresa May und Brexit-Hardlinern kommen. Das Kabinett streitet seit Monaten darüber, wie die Modalitäten bei der Scheidung Großbritanniens von der Europäischen Union aussehen sollen.

Die Uneinigkeit der Regierung lähmt auch die Brexit-Verhandlungen in Brüssel. Dabei drängt die Zeit: Großbritannien will in weniger als neun Monaten - am 29. März 2019 - die Staatengemeinschaft verlassen. May will ihr Kabinett auf eine EU-freundlichere Linie einschwören. Nächste Woche möchte sie dann die Pläne über die künftige Beziehung Großbritanniens zur EU in einem "White Paper" veröffentlichen.

Treffen auf dem Landsitz

Die Kabinettsmitglieder trafen pünktlich um 11 Uhr (MESZ) auf dem Landsitz Chequers nordwestlich von London ein. Das Treffen sollte etwa zwölf Stunden dauern und gegen 23 Uhr enden. Die Teilnehmer mussten ihre Handys abgeben, um Geheimhaltung zu wahren.

Die Regierungsmitglieder sollten die in Chequers getroffenen Entscheidungen akzeptieren und später nicht untergraben, sagte die EU-freundliche Ex-Bildungsministerin Nicky Morgan dem Sender BBC. Wer dies nicht einhalten könne, sollte seinen Rücktritt erwägen.

Hardliner lassen May zittern

Übereinstimmenden Medienberichten zufolge planten mindestens sechs Brexit-Hardliner, scharf gegen May zu opponieren. Sie sollen sich noch am Donnerstagabend im Außenministerium getroffen haben, um eine gemeinsame Strategie für die Sondersitzung zu entwickeln.

May regiert seit einer Neuwahl im Juni 2017 nur mit hauchdünner Mehrheit und ist leicht angreifbar. Immer wieder wird sie von Brexiteers wie Außenminister Boris Johnson und Brexit-Minister David Davis attackiert. Zu den EU-freundlichen Mitgliedern ihres Kabinetts gehört unter anderem Schatzkanzler Philip Hammond.