Nach wochenlangem Machtkampf in der Union und Ärger in der deutschen Regierungskoalition haben sich CDU, CSU und SPD auf ein Paket gegen illegale Migration und eine Verschärfung der Asylpolitik geeinigt. SPD-Chefin Andrea Nahles und Vizekanzler Olaf Scholz erklärten am Donnerstagabend nach einem Koalitionsausschuss in Berlin, man habe sich auf schnellere Asylverfahren verständigt.

Zudem solle ein Einwanderungsgesetz noch heuer durchs Kabinett gebracht werden. Letzteres war eine zentrale SPD-Forderung gewesen. Es werde keine nationalen Alleingänge geben und "keinerlei Lager", betonte Nahles. Vor Beginn des nur etwa einstündigen Treffens hatte Nahles erklärt, dass es einen neuen Vorschlag gebe. Auch Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte sich optimistisch gezeigt. Bis dahin war es vor allem um die Unionsvorschläge für verschärfte Maßnahmen gegen illegale Migration an der deutsch-österreichischen Grenze gegangen.

Einwanderungsgesetz

Bei dem neuen Vorschlag gehe es auch um eine Orientierung an humanitären und solidarischen Grundsätzen, hatte Nahles gesagt. Die SPD hatte im Gegenzug für eine Zustimmung zum Unionsvorschlag unter anderem die rasche Vorlage eines Einwanderungsgesetzes gegen den Fachkräftemangel gefordert. Zudem gab es zuletzt Koalitionsvorschläge zu einer verstärkten Schleierfahndung in ganz Deutschland, um nicht nur in Bayern verschärft gegen illegale Migration vorzugehen und die Verfahren für Rückführungen deutlich zu beschleunigen.

Beim Unionskompromiss geht es vor allem darum, an der deutsch-österreichischen Grenze Migranten abzufangen und zurückzuschicken, die schon in anderen EU-Ländern einen Asylantrag gestellt haben. Seehofer warb am Abend in Berlin für "Transferzentren" an der Grenze zu Österreich. Bisher hatte die Union den Begriff "Transitzentren" genutzt, den die SPD aber abgelehnt hatte.

Transferzentren ohne Stacheldraht

Diese "Transferzentren" würden in bestehenden Polizeistationen untergebracht. "Da gibt es keinen Stacheldraht oder Ähnliches", sagte der CSU-Chef. Da kämen jeden Tag zwischen zwei und fünf Flüchtlinge an, die spätestens nach 48 Stunden wieder die "totale Freiheit" haben müssten, sie dürften nur eben nicht nach Deutschland einreisen. Es handle sich nicht um "Massenlager", wie teilweise behauptet werde.

Damit könnte der Asylkompromiss am Ende weit weniger Migranten betreffen als zunächst geplant. Anfangs hatte es geheißen, dass auch alle Migranten betroffen sein sollen, die an der Grenze aufgegriffen werden und schon woanders mit Fingerabdrücken registriert wurden. Dies wäre eine deutlich größere Gruppe als die derer, die bereits woanders einen Asylantrag gestellt haben.

Österreich leistet Widerstand

Dennoch dürfte für Seehofer die Umsetzung nicht einfach werden: Anders als geplant, lehnt Österreich es ab, Flüchtlinge einreisen zu lassen, die in Deutschland abgewiesen werden und bei denen der EU-Staat, in dem sie Asyl beantragt haben, eine Rücknahme verweigert. Damit könnte einer von drei Punkten im Unions-Kompromiss hinfällig sein - und sich die Zahlen rasch zurückgeführter Migranten weiter verringern. Die SPD hatte betont, bei geschlossenen Transitzentren an der Grenze zu Österreich für zurückzuführende Migranten nicht mitmachen zu wollen.

Der deutsche Innenminister Horst Seehofer hatte am Donnerstag bei einem Besuch in Wien klargestellt, Deutschland werde "weder jetzt noch in der Zukunft Österreich für Flüchtlinge verantwortlich machen, für die es nicht zuständig ist", was zunächst als faktischer Verzicht auf den umstrittenen dritten Punkt der Unionsvereinbarung vom Montag gewertet wurde.

Deutschland beharrt

Am Abend hieß es dann allerdings, Deutschland beharre darauf, dass Asylwerber, deren Rücknahme von anderen EU-Staaten verweigert werde, nach Österreich zurückgeschoben werden. Dies gehe aus dem Einigungspapier der Koalitionsparteien CDU, CSU und SPD vom Donnerstagabend hervor.

"In den Fällen, in denen sich Länder Verwaltungsabkommen über die direkte Zurückweisung verweigern, findet die Zurückweisung an der deutsch-österreichischen Grenze auf Grundlage einer Vereinbarung mit der Republik Österreich statt", heißt es in dem Text. Seehofer hatte am Donnerstag nach einem Treffen mit der österreichischen Regierungsspitze in Wien gesagt, Deutschland werde "weder jetzt noch in der Zukunft Österreich für Flüchtlinge verantwortlich machen, für die es nicht zuständig ist".

Griechenland und Spanien verhandeln

Griechenland und Spanien hatten sich im Prinzip bereit erklärt, bei ihnen registrierte Flüchtlinge zurückzunehmen, wenn diese Menschen dann nach Deutschland einreisen wollen. Allerdings verwiesen Seehofer und Merkel darauf, dass die Gespräche mit Athen nicht einfach würden. Die Regierung in Athen möchte im Gegenzug, dass Deutschland bei der Familienzusammenführung Flüchtlinge aus Griechenland aufnimmt.