Bei einer Pressekonferenz in Wien wurde vom deutschen Innenminister Horst Seehofer (CSU) Entwarnung gegeben: Man gedenke nicht, massenweise Flüchtlinge nach Österreich zurückzuschieben. Österreich werde nicht zuständig gemacht für Flüchtlinge, für die es nicht zuständig sei.

Gemeint: Der Großteil der Flüchtlinge komme über Griechenland und Italien nach Europa. Mit diesen Ländern, vor allem mit Italien, das sich bisher konsequent weigerte,  müssten Rückführungsabkommen geschlossen werden. Berlin und Wien wollen auf diese Weise die Südroute schließen.

Seehofer konkretisierte auf Nachfrage, um welche Flüchtlinge es in den Auffanglagern gehen werde: Ausschließlich um jene, die neu nach Bayern einreisen, und von denen bereits ein Asylantrag in einem anderen Land registriert sei. Diese Flüchtlinge sollen binnen 48 Stunden gemäß den Dublin-Regeln an das Erstaufnahmeland zurückgestellt werden - soferne sich dieses dazu bereit erklärt.

Seehofer und Kurz wollen Südroute für Flüchtlinge schließen

Die weitaus größere Zahl an bereits registrierten Flüchtlingen habe noch nirgends einen Asylantrag gestellt sondern sei auf andere Weise nach Deutschland gekommen und bereits länger dort aufhältig. Hier festzustellen, wer gemäß den Dublin-Regeln wohin rückzuüberstellen sei, sei ein aufwändigeres Verfahren, das auch viel länger dauere und entsprechend abzuhandeln sei.

Die Frage, ob Deutschland bereit sei, in Griechenland aufhältige Flüchtlinge, die in Deutschland Angehörige haben, mit diesen zusammenzuführen, beantwortete der Innenminister so, dass diesen Wünschen sukzessive stattgegeben werde, um die deutschen Systeme nicht zu überfordern.

Schließung der Mittelmeerroute

In der kommenden Woche soll es in Innsbruck zu einem Zusammentreffen der Innenminister Deutschlands, Österreichs und Italiens kommen, um gemeinsam Maßnahmen zur Schließung der Mittelmeerroute zu besprechen, kündigte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) an.

Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) zeigte sich zufrieden darüber, dass in einem "sehr guten, offenen, partnerschaftlichen und freundschaftlichen" Gespräch "gewisse Dinge, die im Raum gestanden sind, ausgeräumt wurden" und von Seehofer klargemacht worden sei, dass es zu keinen Maßnahmen zum Nachteil Österreichs kommen werde.

Der Asylkompromiss von CDU und CSU sieht vor, dass aus deutschen Transitzentren bestimmte Flüchtlinge wieder nach Österreich zurückgeschickt werden sollen. Diesen Plan akzeptiert die schwarz-blaue Regierung bisher nicht. Es dürfe keine Vereinbarung zulasten Österreichs geben, hatte Kurz zuletzt mehrfach betont.

"Keine Abschlüsse"

Der deutsche Innenminister erwartet von seinem Besuch in Wien keine abschließende Vereinbarung mit der österreichischen Regierung zum Umgang mit Flüchtlingen an der deutsch-österreichischen Grenze. "Die Gespräche dienen der Information unserer Partner und der Sondierung", sagte Seehofer am Donnerstag im Bundestag. "In der ersten Runde wird es keine Abschlüsse geben.

Am Mittwoch habe er bereits mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban und dem italienischen Innenminister Matteo Salvini gesprochen.

Seehofer kündigte weitere Diskussionen mit anderen Staaten an. "Es werden sehr schwierige Gespräche", sagte der CSU-Vorsitzende. Er verwies darauf, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erst feste Zusagen für entsprechende Abkommen zur Zurücknahme von Flüchtlingen von Griechenland und Spanien bekommen habe.

Gespräche mit Griechenland und Spanien

Mit der griechischen Regierung sollten die Verhandlungen am Freitag oder zu Beginn der kommenden Woche auf Arbeitsebene starten, kündigte Seehofer an. Was Spanien angehe, sei die Zahl der dort bereits registrierten Flüchtlinge an der deutsch-österreichischen Grenze "nur von geringer Relevanz".

Unter dem Druck der CSU hatte Merkel auf dem EU-Gipfel Ende Juni die europäischen Vereinbarungen zur Zurückweisung von Flüchtlingen mit Spanien und Griechenland ausgemacht. Mit einer Reihe von weiteren Staaten soll es Verwaltungsvereinbarungen zur schnelleren Rücknahme von Migranten geben. Das zu verhandeln, sei Sache der Innenminister, sagte Merkel nach dem Gipfel.

Spielt Ball an Merkel zurück

Diesen Ball spielte Seehofer nun an die Kanzlerin zurück. Angesichts der "Komplexität und der europäischen Dimension" müssten seiner Ansicht nach am Ende die "wichtigsten Punkte dieser Vereinbarung von den Regierungschefs fixiert werden müssen", sagte der Innenminister in seiner Rede im Bundestag, bei der auch Merkel anwesend war.

Von Wien aus kehrt Seehofer nach Berlin zurück, wo sich am Abend auch der Koalitionsausschuss mit dem Asylkompromiss befasst. Die SPD zeigt sich einigungsbereit, sieht Seehofers Pläne aber auch mit Skepsis. Der Innenminister ist nach eigenen Worten "guter Dinge", dass mit der SPD eine "verlässliche Einigung" gelinge.

Gegen "geschlossene Einrichtungen"

Die SPD stört sich besonders an den Transitzentren und lehnt geschlossene Einrichtungen ab. "Es sind keine geschlossenen Anstalten", hob Seehofer dagegen hervor. Laut Grundgesetz müsse eine Rückführung innerhalb von 48 Stunden erfolgen. Außerdem seien die Zentren nicht geschlossen, "weil man zwar nicht einreisen darf in die Bundesrepublik Deutschland, aber jederzeit zurückreisen darf in jedes andere Land".