Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) erwartet durch das von der Regierung angekündigte Hochfahren der Grenzen "natürlich" Auswirkungen auf den Verkehr. Als Beispiel nannte er nach dem Ministerrat am Mittwoch den Brennerpass in Tirol. Dennoch sei die Maßnahme wichtig, betonte der Minister. Diese könnte ein "Turbo" für eine gemeinsame europäische Lösung in der Flüchtlingspolitik sein.

Hofer hat bei einem Briefing für Journalisten aus anderen EU-Ländern in Wien vor erheblichem wirtschaftlichen Schaden bei möglichen dauerhaften Grenzkontrollen am Brenner gewarnt, wie die Deutsche Presse-Agentur und die italienische Agentur ANSA am Mittwoch berichteten.

"Das wäre zweifellos eine Katastrophe", sagte Hofer laut dpa. Für jeden Umweg über die Schweiz müssten Speditionen je Lastwagen rund 100 Euro mehr Mautgebühr zahlen. Hofer warnte laut ANSA vor einem "Dominoeffekt" durch die geplante Verschärfung der Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland.

Auch Italiens Frächterverband warnt vor erheblichem wirtschaftlichen Schaden bei möglichen dauerhaften Grenzkontrollen am Brenner. Eine Stunde Verspätung, die Lkw bei der Brenner-Überquerung wegen der Kontrollen ansammeln würden, würde Italiens Wirtschaft 370 Millionen Euro jährlich kosten, 170 Millionen davon würden auf die Speditionsbranche entfallen, so der Frächterverband Conftrasporto.

Sowohl Hofer als auch Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) drängen in der Frage der Asylpolitik auf ein gemeinsames Vorgehen in Europa. Nach dem jüngsten EU-Gipfel sei eine solche zumindest in Sichtweise. Unklarheit gibt es laut Blümel noch über die deutsche Regelung. 

Nein zu negativen Folgen

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bekräftigte im Ö1-Morgenjournal sein Nein zu Verträgen zu Lasten Österreichs: Er werde das Gespräch mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) suchen, sobald die deutsche Regierungslinie klar sei, und Innenminister Horst Seehofer (CSU) komme am Donnerstag nach Wien, zu einem Gespräch mit Österreichs Innenminister Herbert Kickl (FPÖ).

EU-Rechtsexperte Walter Obwexer erklärte in der ZiB 2 des ORF Dienstag abend, dass es für Österreich grundsätzlich keine Verpflichtung gebe, Flüchtlinge aus Deutschland zurückzunehmen, außer es nehme die Möglichkeit innerhalb des so genannten Dublin-Regimes wahr, sich dazu selbst zu verpflichten.

Dass es gelungen sei, das Ruder in Europa herumzureißen, was das Bekenntnis zur Sicherung der Außengrenzen betrifft, stimmt den Bundeskanzler zumindest optimistisch. Dass aber Österreich ein riesengroßes Auffanglager für die werde, die aus Deutschland zurückgeschoben werden, und für die, die aus dem Süden nachkommen, sei nicht vorstellbar. Die Mittelmeerroute müsse geschlossen werden.

Dass die Zahl der Flüchtlinge,die über das Mittelmeer kommen, sich Jahr für Jahr halbiere, stimme ihn nicht optimistisch. Schließlich warteten 500.000 darauf, von Afrika nach Europa überzusetzen. Dass es derzeit nur "ein Fußballstadion" von Leuten sei, nämlich knapp 50.000 Menschen pro Jahr, wie Interviewerin Cornelia Vospernik formulierte, wischte Kurz vom Tisch: Schließlich kämen die meisten davon nach Deutschland und Österreich, und das seien definitiv zu viel.

In Deutschland ist Bayerns Ministerpräsident Markus Söder immer noch zuversichtlich, mit Österreich eine Regelung erzielen zu können:

An der Grenze wurde bereits der "Ernstfall" geprobt:

Übung in Spielfeld: So arbeitet die Grenzschutztruppe Puma

Ob es auch in Österreich, etwa am Brenner, zu entsprechenden Transitlagern kommen werde, wollte Kurz noch nicht beantworten. Man sei jedenfalls für Maßnahmen an der Südgrenze gerüstet.

Zuwenig getan für Afrika

Experte Kilian Kleinschmidt, der selbst Flüchtlingslager geleitet hat, erklärte im Ö1-Morgenjournal, dass vor allem im Raum Afrika selbst zu wenig Maßnahmen gesetzt würden, um den Hunderttausenden, die sich nach Europa flüchten, eine Chance auf dem eigenen Kontinent zu geben. Und Kleinschmidt urgierte auch Überlegungen, die nicht nur darauf abzielen, die Menschen, die es zu uns geschafft haben, einzusperren, sondern eine geordnete Einwanderungspolitik zum Ziel haben, "denn wir brauchen ja Arbeitskräfte".

Über die Milliarden, die die Schließung der Grenzen kosten, werde nicht geredet. Wenn ein Bruchteil davon in Afrika investiert würde, wäre das ein effizienteres Mittel, die Fluchtursachen zu bekämpfen.