Australien fährt seit 2013 eine strikte Asylpolitik: Asylanträge können nur noch aus Drittländern gestellt werden. Boote mit Asylsuchenden werden abgefangen und in ihre Ausgangshäfen zurückgeschickt. Wenn die Boote seeuntüchtig waren, wurden die Menschen in von Australien finanzierte Lager in Nachbarländern gebracht. Dort sollten ihre Asylanträge geprüft werden.

Die Australier wollten Menschenschmugglern damit das Handwerk legen. Zur weiteren Abschreckung verfügte die Regierung, dass kein Bootsflüchtling - selbst ein schutzbedürftiger - sich je in Australien niederlassen darf. Bei einem Asylanspruch sollten Drittländer zur Aufnahme gefunden werden.

Jahre auf der Insel

Zwei Lager zur Prüfung von Asylanträgen wurden eingerichtet: Auf der zu Papua-Neuguinea gehörenden Insel Manus sowie auf Nauru im südlichen Pazifik. Die Menschen harren dort teils seit Jahren ohne Perspektive aus. Die Vereinten Nationen haben diese Praxis als "sehr schockierend" bezeichnet, Menschenrechtsgruppen sprechen von "systemischer Folter".

Zahlen gibt die Regierung in Canberra nicht bekannt. Nach Angaben der Flüchtlingshilfsorganisation Refugee Action Coalition sind 939 Menschen auf Nauru, darunter 140 Kinder, weitere 700 Männer befänden sich auf Manus.

Kein Boot mehr an Australiens Küsten

Zwischen 2008 and 2013 waren mehr als 51.000 Menschen, darunter 8.400 Kinder, mit Booten vor Australien gelandet. Ihre Asylanträge wurden - oder werden möglicherweise immer noch - in Australien selbst geprüft. Wenige Monate nach Einführung der Null-Toleranz-Politik sank die Zahl der ankommenden Boote drastisch. Seit Juli 2014 legte nach Regierungsangaben kein einziges Boot mehr an Australiens Küsten an.

Nach zahlreichen Vorwürfen von Übergriffen auf Flüchtlinge und der desolaten medizinischen Versorgung vor Ort erklärte ein australisches Gericht die Lager auf Manus für illegal. Im Oktober 2017 wurden sie geschlossen. Die Menschen wurden auf Notunterkünfte verteilt, doch auch diese von privaten Firmen betriebenen Einrichtungen funktionieren wie die Lager.

Zwei Drittel keine Wirtschaftsflüchtlinge

Etwa zwei Drittel der noch internierten Menschen sind nach Angaben des UNHCR schutzbedürftig und keine Wirtschaftsmigranten. Sie stammen meist aus dem Iran, Afghanistan, Sri Lanka, Pakistan und Bangladesch. Die USA haben die Aufnahme von rund 1 200 Flüchtlingen zugesagt. Was mit den übrigen Menschen passieren soll, ist unklar.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) propagiert das sogenannte "australische Modell" seit zwei Jahren. Er will die EU-Außengrenzen ähnlich rigoros schützen und Asylbewerber in Zentren außerhalb der EU unterbringen, um den Schleppern das Handwerk zu legen, wie er sagt. Unter Experten ist umstritten, ob sich dieses Modell so ohne weiteres in Europa umsetzen lässt.

Nicht nur ist Europa mit einer weitaus größeren Anzahl an Migranten konfrontiert, die Europäische Union kann sich anders als das von Meer umgebene Australien nicht durch eine Grenzschutzmission komplett von anderen Weltregionen abschotten. In der jüngeren Vergangenheit ist es nach der Schließung einzelner Routen immer wieder zum Entstehen von Ersatzrouten zu Wasser oder zu Land gekommen.