In Italien steht eine Regierung von Populisten und Rechten vor der Vereidigung. Der Wirtschaftsexperte Giuseppe Conte nahm am Donnerstagabend den Regierungsauftrag von Präsident Sergio Mattarella an und gab zentrale Ministerposten bekannt. "Wir werden entschlossen handeln, um die Lebensqualität aller Italiener zu verbessern", sagte Conte nach einem Treffen mit Mattarella in Rom.

Es ist für ihn der zweite Anlauf zu einer Regierungsbildung. Der Präsident hatte den ersten gestoppt, weil die 5-Sterne-Bewegung und die Lega im Kabinett den Euro-Kritiker Paolo Savona zum Wirtschaftsminister machen wollten. Am Donnerstag hieß es, Savona solle stattdessen Europa-Minister werden. Das Parlament muss der neuen Regierung noch zustimmen. Da die Lega und die Sterne aber in beiden Kammern die Mehrheit haben, gilt das als ausgemacht. "Mit der Bildung der Regierung ist ein schwieriger Weg zuende", erklärte der Präsident.

Vereidigung am Freitagnachmittag

Conte sollte am Freitag um 16.00 Uhr MESZ vereidigt werden, danach soll eine Vertrauensabstimmung folgen. Die beiden Sieger der Wahl im März, 5 Sterne und Lega, haben zusammen eine Mehrheit im Parlament. Der designierte Ministerpräsident gab zudem zentrale Kabinettsposten bekannt: Der Chef der 5-Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio, soll das vereinte Ministerium für Industrie und Arbeit übernehmen, Lega-Chef Matteo Salvini wird als Hardliner mit strammer Anti-Migrations-Agenda Innenminister.

"Einsatz, Kohärenz, Gehör, Arbeit, Geduld, gesunder Menschenverstand, Kopf und Herz für das Wohl der Italiener", versprach Salvini seinen Anhängern auf Facebook. "Vielleicht sind wir nun endlich da, nach so vielen Hürden, Angriffen, Bedrohungen und Lügen." Beide sollen zudem Vize-Ministerpräsidenten werden. Als Wirtschaftsminister ist der Ökonomieprofessor Giovanni Tria vorgesehen, als Außenminister Enzo Moavero Milanesi.

Die Fünf Sterne-Bewegung jubelt über die Entstehung der ersten Regierung mit ihrer Beteiligung in Italien. Die Gruppierung rief auf ihrem Blog die Anhänger auf, auf den Straßen die Regierungsbildung zu feiern. "Heute ist ein historischer Tag. Die Fünf Sterne-Bewegung regiert Italien", ist auf dem Blog der Bewegung zu lesen. Die Gruppierung appellierte an alle Aktivisten, sich am kommenden Samstag - Tag der Republik und Nationalfeiertag - an einer Demonstration der Bewegung in Rom zu beteiligen, um die Regierungsbildung zu feiern. "Wir werden die Kräfte sammeln, die wir brauchen, um Italien endlich zu ändern", hieß es.

Wochenlange Polit-Krise

Die Aussicht auf eine Regierung der Lega und der 5 Sterne hatte beim ersten Anlauf Investoren und Politiker nervös gemacht. In einer Koalition setzen die beiden Parteien auf höhere Staatsausgaben, obwohl sich in Italien ein Schuldenberg von mehr als 130 Prozent der Wirtschaftsleistung auftürmt. Auch die Euro-kritischen Stimmen in den beiden Parteien wie die von Savona haben für Unruhe gesorgt. Einer Umfrage zufolge steht dagegen eine deutliche Mehrheit der Italiener hinter der Währung: Demnach wollen 72 Prozent den Euro behalten.

Mattarellas Segen könnte die wochenlange Polit-Krise nun endlich lösen, die zuletzt an den Finanzmärkten Turbulenzen ausgelöst hatte. An der Börse wurden böse Erinnerungen an die Zeiten der Euro-Krise wach. Die Aussicht auf eine gewählte Regierung in Italien hatten bereits am Mittwoch für Beruhigung gesorgt - und das vor allem, weil damit wohl Neuwahlen noch in diesem Jahr vom Tisch wären. Doch auch das Regierungsprogramm der Parteien hatte die Märkte und die EU beunruhigt, planen doch die Populisten trotz des immensen Schuldenbergs des Landes Mehrausgaben etwa durch Steuersenkungen und die Einführung eines Grundeinkommens.

In Italien belaufen sich die Staatsschulden in absoluten Zahlen auf fast 2,3 Billionen Euro. Das entspricht fast 132 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Bei der Wahl am 4. März hatte die Fünf-Sterne-Bewegung 32 Prozent bekommen, die Lega 17 Prozent. Di Maio war es, der sich nach dem Scheitern wieder auf die Lega zubewegt und einen Lösungsvorschlag gemacht hatte. Die beiden Parteien hatten gegen eine mögliche Übergangsregierung gewettert. Der Finanzexperte Carlo Cottarelli, der eigentlich die Technokratenregierung anführen sollte, gab sein Mandat zurück und machte damit den Weg für die Populisten-Allianz wieder frei.

Aufgrund des Kräfteverhältnisses ist eine Regierung aber vor allem im Sinne der Sterne. Salvinis Zustimmung war bis zuletzt ungewiss, da er angesichts von Stimmenzuwächsen von einer Neuwahl profitieren könnte. Dass es dazu kommt, ist nach Ansicht von Wolfgango Piccoli von der Denkfabrik Teneo ohnehin nur eine Frage der Zeit. "Die Haltbarkeitsdauer dieser Regierung wird wahrscheinlich begrenzt sein", was eine Neuwahl im Frühjahr 2019 wahrscheinlich mache.