Nach der Gewalt israelischer Soldaten gegen Demonstranten in Gaza will der UN-Menschenrechtsrat eine unabhängige Untersuchungskommission in den Gazastreifen schicken. Experten sollten prüfen, ob dort das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte verletzt wurden, wie es in einer am Freitag in Genf verabschiedeten Resolution heißt.

29 Länder sprachen sich dafür aus, die USA und Australien dagegen und 14 Länder enthielten sich der Stimme, darunter Deutschland.

Israel wies die Resolution als einseitig zurück. "Sie beweist einmal mehr, dass es sich um eine Organisation mit einer automatischen anti-israelischen Mehrheit handelt, in der Heuchelei und Absurdität die Oberhand haben", hieß es in einer Mitteilung des Außenministeriums in Jerusalem.

Die jüngste Gewalt am Grenzzaun zwischen Israel und dem Gazastreifen sollte am Abend auch Thema beim Gipfel der Organisation Islamischer Kooperation (OIC) in Istanbul sein. Vor der Eröffnung durch den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan gab es in Istanbul eine Kundgebung gegen Israel, an der nach Angaben des Staatssenders TRT hunderttausende Menschen teilnahmen. Dort warf der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim Israel Völkermord an den Palästinensern vor. "Diese Gewalt, die Israel ausübt, nennt man Genozid und ethnische Säuberung", sagte Yildirim.

Kommission soll Gewalt in Gaza untersuchen

Seit dem 30. März kamen bei den Protesten am Grenzzaun nach Angaben des UN-Hochkommissars für Menschenrechte, Zaid Raad al-Hussein, mehr als 100 Menschen ums Leben. Mindestens 87 Palästinenser seien von israelischen Soldaten erschossen worden. Er wies Rechtfertigungen Israels zurück, dass die Sicherheitskräfte alles täten, um die Opferzahlen so niedrig wie möglich zu halten: "Dafür gibt es so gut wie keine Anzeichen." Die Palästinenser seien unter Israel als Besatzungsmacht "eingepfercht in einen giftigen Slum von der Geburt bis zu Tod, jeder Würde beraubt."

Die israelische Botschafterin in Genf, Aviva Raz Shechter, wies alle Vorwürfe zurück. Israel verteidige sich lediglich gegen Angriffe. Sie warf der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Hamas vor, Frauen und Kinder an die Front zu schicken, um sich dahinter zu verstecken. Hamas-Chef Ismail Hanija kündigte eine Fortsetzung der Massenproteste an der Grenze zu Israel an. Ägypten will einen eigenen Grenzübergang zum Gazastreifen während des gesamten muslimischen Fastenmonats Ramadan geöffnet halten.

Der Menschenrechtsrat hat auch schon 2009 und 2014 Untersuchungskommissionen zu Gaza eingesetzt. Die israelische Regierung verweigerte jeweils die Zusammenarbeit. Die Kommission kann deshalb in Israel nicht recherchieren und hört, so weit es geht, Zeugen außerhalb des Konfliktgebietes an oder verlässt sich auf Zulieferungen von Beobachtern vor Ort.

Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums wollte sich am Freitag nicht zu der Frage äußern, ob Israel dem Untersuchungsteam dieses Mal die Einreise erlauben wird. Die Ergebnisse einer solchen Untersuchung seien von vornherein bekannt. "Es ist allen klar, dass das Ziel des Rats nicht die Wahrheitsfindung ist." Es gehe vielmehr darum, Israel daran zu hindern, sein Recht auf Selbstverteidigung auszuüben und den jüdischen Staat zu dämonisieren.

Bei neuen Konfrontationen an der Gaza-Grenze wurden am Freitag mehrere Palästinenser verletzt. Zuvor hatten Palästinenser Lenkdrachen mit Brandsätze auf die israelische Seite der Grenze fliegen lassen. Dadurch wurden mehrere Brände ausgelöst, begünstigt durch eine Hitzewelle in der Region.