Wie ist Österreichs Haltung in der Frage der US-Botschaftsverlegung nach Jerusalem?

Martin Weiss: Unsere Botschaft ist in Tel Aviv, und sie bleibt bis auf Weiteres auch in Tel Aviv, daran hat sich nichts geändert.

Die palästinensische Seite kritisiert, dass Sie am Empfang rund um die US-Botschaftsverlegung teilgenommen haben.

Weiss: Das ist kein Widerspruch zur österreichischen Grundsatzhaltung, weil wir andererseits sehen, dass sich viele Israelis - von ganz links bis ganz rechts - über diese Botschaftsverlegung freuen. Aber noch einmal, Österreichs und Europas Antwort ist eindeutig: Eine Botschaftsverlegung nach Jerusalem gibt es erst, wenn es eine verhandelte Lösung zwischen Israelis und Palästinensern gibt.

Am Sankt-Nimmerleins-Tag?

Weiss: Bis zu einem gewissen Grad war genau diese Frage das US-Argument, die Botschaft zu verlegen. Denn es ist die Realität, dass in Jerusalem die Knesset ist, dort ist das Büro des israelischen Präsidenten, des Premiers und, und, und. Und es glaubt doch niemand ernsthaft, dass das in den nächsten 70 Jahren geändert wird. Der US-Zugang ist: Lasst uns diese Realität anerkennen! Ob es in Jerusalem in Zukunft eventuell auch Platz für eine palästinensische Hauptstadt gibt, müssen die Konfliktparteien verhandeln. Auch die USA haben mit der Botschaftsverlegung nicht die Türe für eine Zweistaatenlösung zugemacht.

Ist das nicht sehr fern?

Weiss: Am Ende des Tages können das Problem nur die Palästinenser und die Israelis lösen. Von außen kann das niemand aufdrücken. Das gilt für jeden - auch für den amerikanischen Präsidenten. Jerusalem ist sehr emotional besetzt, da hat jeder seine Meinung dazu. Man soll sich aber auch an frühere Verhandlungen erinnern, da war man einer positiven Lösung schon sehr nahe. Der Tag kann wiederkommen. Heute schaut das weit weg aus, aber wer von uns hätte gedacht, dass der Eiserne Vorhang ohne einen Schuss fällt? Ich nicht.