Mehrere CDU-Spitzenpolitiker äußerten sich am Wochenende kritisch zu Forderungen nach einem konservativeren Profil. "Wir müssen deutlich machen, dass der Markenkern der Christlich Demokratischen Union eben nicht das Konservative ist, sondern dass das christliche Menschenbild über allem steht", sagte CDU-Vize Armin Laschet der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther lehnte in der "B.Z. am Sonntag" einen Rechtsruck ab. In gesellschaftspolitischen Fragen solle die Partei "eine liberale Handschrift pflegen", forderte Günther. Der Kurs der Mitte tue der CDU gut.

"Gefahr der Inhaltsleere"

Wegen des schlechten Bundestagsergebnisses und der schleppenden Regierungsbildung schwelt in der CDU seit Wochen eine Debatte über den künftigen Kurs. Frühere Spitzenpolitiker hatten dabei auch Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel angegriffen, der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen von der Gefahr von "Inhaltsleere" gesprochen. Auch die CSU will einen stärker konservativen Kurs. Der Wirtschaftsflügel wiederum kritisiert, dass die CDU bei den Koalitionsverhandlungen das Finanzministerium an die SPD abgegeben hat.

"Die Union muss sich in nächster Zeit verstärkt mit ihrem Wertefundament angesichts der Herausforderungen der Zukunft beschäftigen", sagte Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) der "Rheinischen Post". Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtete, am Montag werde das CDU-Präsidium über einen Antrag aus Baden-Württemberg beraten, nach dem sich die Partei bis 2020 ein neues Grundsatzprogramm geben soll. Der Generalsekretär der Südwest-CDU, Manuel Hagel, sprach von einem "konservativen Impuls".

Laschet und Günther widersprachen ausdrücklich. Die CDU sei "keine Sammlungsbewegung der demokratischen Rechten", sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident. Laschet reagierte auf Äußerungen des designierten bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU). Dieser hatte gesagt, die Unionsparteien müssten ihren politischen Standort grundlegend überdenken.

Parteijugend will Ministerposten für jüngere Politiker

Parallel dazu hält in der CDU die Personaldebatte an. Die Vorsitzenden der Jungen Union, Paul Ziemiak, und der Jungen Gruppe der Unions-Bundestagsfraktion, Mark Hauptmann, hatten gefordert, dass jüngere Politiker Ministerposten erhalten müssten. Hauptmann fordert zudem eine Aufstellung für die Zeit nach Merkel. Die Kanzlerin hat angekündigt, dass sie noch vor dem Parteitag eine Liste der künftigen CDU-Minister vorlegen werde. Einige erwarten dies bereits am Montag.

"Das muss aufhören", sagte die Bremer CDU-Vorsitzende Elisabeth Motschmann zur Personaldebatte. Merkel habe längst zugesagt, auch jüngeren Politikern eine Chance zu geben, sagte sie zu Reuters. Sie monierte zudem, dass die Kritik fast nur von jüngeren Unions-Männern komme und diese vor allem an Männer dächten, die in Führungspositionen aufrücken sollten. Die ständige öffentliche Forderung beschädige jedoch die Position Merkels noch vor deren Wiederwahl zur Kanzlerin.

Warnung vor Nachfolgedebatte

Auch der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) warnte vor einer Nachfolgedebatte. Wer Merkel infrage stelle, schade der Partei, sagte er dem "Spiegel". Allerdings ist nach einer Insa-Umfrage für "Focus" fast jeder zweite deutsche Staatsbürger dafür, dass Merkel vor Ablauf der Legislaturperiode das Kanzleramt verlässt. 38,5 Prozent der Bürger seien der Ansicht, Merkel sollte die gesamte Amtszeit regieren. Unter den CDU-Anhängern ist allerdings nur jeder Fünfte für ein vorzeitiges Aus der Kanzlerin.