Nur wenige Kilometer von der Grenze zu Deutschland entfernt betreibt die Schweiz das älteste Kernkraftwerk der Welt: Beznau 1.

Der 1969 in Betrieb genommene Reaktorblock und der zwei Jahre jüngere Block Beznau 2 stehen auf einer Insel im Fluss Aare, unweit der Einmündung in den Rhein. In unmittelbarer Nähe liegt auch der Kreis Waldshut in Baden-Württemberg – für die Bewohner des Kreises ist das "Technik-Museum" Beznau eine ständige Quelle der Angst. "Im sogenannten Normalbetrieb gibt das Atomkraftwerk Beznau krebserzeugende Radioaktivität an die Umwelt ab", warnt die Umweltschutzorganisation Bund Regionalverband Südlicher Oberrhein. "Ein schwerer Unfall oder Terroranschlag kann das Leben von Hunderttausenden Menschen in Gefahr bringen und große Gebiete dauerhaft unbewohnbar machen." Neben Beznau stellten die Eidgenossen vor Jahrzehnten weitere AKWs in Nähe zu Deutschland auf: Leibstadt und Gösgen.

Heute stimmen die Schweizer Bürger über den beschleunigten Ausstieg aus der Kernenergie ab. Laut Umfragen dürfte der Ausgang knapp werden. Zwar hatte die Regierung bereits nach dem Megaunfall im japanischen AKW Fukushima das grundsätzliche Ende der umstrittenen Energiegewinnung beschlossen – doch umweltbewusste Schweizer lehnen die Regierungspläne als halbherzig ab. Sie wollen die fünf Kraftwerke in Helvetien so rasch wie möglich stilllegen. Laut ihrem Konzept, über das die Schweizer nun entscheiden, werden Beznau 1 und 2 sowie das AKW Mühleberg schon 2017 abgeschaltet. Das AKW Gösgen käme 2024 an die Reihe, Leibstadt 2029. Zudem soll per Verfassung der Bau neuer Atomanlagen verboten werden. Damit hätten die Schweizer – wie Deutschland – einen Fahrplan in Richtung Ausstieg.

"Die Atomtechnologie ist nicht beherrschbar und ihre Risiken nicht kontrollierbar", betont Regula Rytz, die Vorsitzende der Grünen. Ihre Kampagne zielt auf die Reaktor-Oldies in Beznau. Der "älteste AKW-Park" der Welt kämpfe permanent mit gravierenden Sicherheitsproblemen, die "sich mit keinen Nachrüstungen beheben lassen". Um für die Zeit ohne Atomstrom gewappnet zu sein, verlangen die Grünen eine Energiewende: Der Ausbau erneuerbarer Quellen soll vorangetrieben werden. "Wenn nur die Hälfte aller gut geeigneten Dach- und Fassadenflächen für Fotovoltaik genutzt wird, kann ein Viertel des Schweizer Stromverbrauchs produziert werden", wirbt die Schweizerische Energiestiftung. Die Regierung traut diesen Rechnungen nicht. Vielmehr betont Energieministerin Doris Leuthard: Die fünf AKWs produzieren 40 Prozent des Schweizer Stroms – Helvetien wäre nicht in der Lage, eine entstehende Lücke mit erneuerbaren Energien rasch zu schließen. "Wenn wir im nächsten Jahr drei Kernkraftwerke abstellen, dann müssen wir über längere Zeit importieren: Kohlestrom aus Deutschland und Atomstrom aus Frankreich", sagt Leuthard in der Aargauer Zeitung.

Thomas Sieber, Präsident von Axpo, des Betreibers der Reaktor-Veteranen in Beznau, setzt auf das bestehende Konzept der Regierung: Danach dürfen in der Eidgenossenschaft keine neuen Atomkraftwerke mehr gebaut werden. „Die bestehenden Kernkraftwerke bleiben jedoch so lange am Netz, wie sie sicher sind“, betont die Regierung. Ein exakter Termin für das Abschalten von Problemreaktoren wie Beznau existiert freilich nach wie vor nicht.