Der schlimmste Alptraum der Mexikaner ist wahr geworden: Donald Trump wird der nächste Präsident der USA. Er hat aus seiner Verachtung für Latinos nie einen Hehl gemacht, will Zehntausende Einwanderer ohne Papiere abschieben und droht mit dem Bau einer Mauer an der Südgrenze. Mexiko muss sich auf harte Zeiten gefasst machen."

Der Triumph von Donald Trump ist eine sehr schlechte Nachricht für Mexiko", sagt der Politikwissenschaftler Mauricio Merino der Hochschule Cide in Mexiko-Stadt. Der Forscher und Ex-Diplomat Sergio Alcocer sagt: "Das ist ein trauriger Tag. Die Simplifizierung, die Donald Trump an den Tag legt, verhindert eine echte Diskussion über die Themen."

Mexiko und die USA pflegen ein ambivalentes Verhältnis. Es ist geprägt von gegenseitiger Abhängigkeit, Minderwertigkeitskomplexen in Mexiko, gelegentlicher Überheblichkeit in den USA und engen wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Austauschbeziehungen.

Trump hat in seinen hitzigen Wahlkampfreden viel Porzellan zerschlagen. "Mexiko schickt uns nicht die besten. Es schickt Menschen, die viele Probleme haben. Sie bringen Drogen, sie bringen Kriminalität, sie sind Vergewaltiger", sagte er. Und: "Mexiko ist nicht unser Freund."

Die beiden Länder trennt die verkehrsreichste Grenze der Welt, das Handelsvolumen beträgt mehr als 532 Milliarden US-Dollar, 34,6 Millionen Menschen mit mexikanischen Wurzeln leben in den Vereinigten Staaten. Probleme wie die organisierte Kriminalität und illegale Migration lassen sich nur gemeinsam lösen.

Bereits als sich in der Wahlnacht langsam der Sieg von Trump abzeichnete, trommelt der mexikanische Präsident Enrique Pena (Aussprache: Penja) Nieto sein Kabinett zusammen. "Es öffnet sich ein neues Kapitel in der Beziehung zwischen Mexiko und den USA", sagt er nach einem Telefongespräch mit Trump. Noch vor dessen Amtsantritt im Jänner wolle er sich persönlich mit ihm treffen.

Pena Nieto hatte Trump bereits während des Wahlkampfes in Mexiko-Stadt empfangen und dafür viel Prügel bezogen. Der Kurztrip endete in einem PR-Desaster für die mexikanische Regierung. Trump schwadronierte im Präsidentenpalast von seinen Mauerplänen, Pena Nieto gab eine bemitleidenswerte Figur ab.

Das Verhältnis zwischen Mexiko und den USA werde sich nun ändern, sagt Außenministerin Claudia Ruiz Massieu. Allerdings sei die Wahl in den Vereinigten Staaten weder Ausgangspunkt noch Ende der Beziehung zwischen beiden Ländern.

Nach dem ersten Schock muss sich Mexiko nun neu sortieren. Um die Märkte zu beruhigen, treten Finanzminister Jose Antonio Meade und Notenbankchef Agustin Carstens noch vor Öffnung der Börse vor die Presse. "Mexiko ist in einer starken Position, um den neuen Gegebenheiten zu trotzen", sagt Meade.

Vor allem die protektionistische Haltung Trumps in Wirtschaftsfragen macht die mexikanischen Unternehmer nervös. Der Immobilien-Mogul hat angekündigt, dass Nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA) neu verhandeln oder sogar aufkündigen zu wollen.

Mexiko profitiert allerdings von NAFTA. Rund 80 Prozent seiner Exporte gehen in die Vereinigten Staaten. Die Ansiedlung zahlreicher Fabriken wie beispielsweise von Automobilherstellern sind der Nähe zum US-Markt und der Zollfreiheit in der Region geschuldet.

"Der Sieg von Donald Trump bei der US-Präsidentenwahl erhöht die wirtschaftliche Unsicherheit in Mexiko und könnte das Wirtschaftswachstum gefährden", schreiben die Analysten der Ratingagentur Fitch. Moody's warnte vor einem Rückgang der ausländischen Direktinvestitionen in Mexiko.

Börse und Devisenmärkte kommen am Tag nach der Wahl in Bewegung, der große Knall bleibt aber aus. Der IPC-Index in Mexiko-Stadt schloss mit einem Verlust von 2,27 Prozent, die mexikanische Währung verlor 7,65 Prozent und notierte zu Handelsschluss bei 19,9 Peso zum Dollar. Der Peso ist allerdings schon länger auf Talfahrt, seit Oktober letzten Jahres hat er 12,5 Prozent gegenüber dem Dollar verloren. Dafür ist aber auch der niedrige Ölpreis, die Geldpolitik der US-Notenbank Fed und die steigende Staatsverschuldung in Mexiko verantwortlich.

Der Ton zwischen Washington und Mexiko-Stadt könnte im kommenden Jahr schärfer werden. Letztendlich werden sich die Nachbarn aber wohl zusammenraufen müssen, zu eng sind die Beziehungen zwischen beiden Ländern. Für Mexiko war die Nähe zu den Amerikanern schon immer Fluch und Segen zugleich. Oder wie der mexikanische Diktator Porfirio Diaz einst sagte: "Armes Mexiko, so fern von Gott und den Vereinigten Staaten so nah."