Der Antrag wurde mit einer Gegenstimme und einer Enthaltung angenommen, wie Bundestagspräsident Norbert Lammert nach einer rund einstündigen Debatte am Donnerstag feststellte. Die Regierung in Ankara hatte für den Fall einer Verabschiedung der Resolution bereits mit einer Beeinträchtigung der Beziehungen zu Deutschland gedroht.

Medienberichten zufolge ruft die Türkei ihren Botschafter aus Berlin zurück. Botschafter Hüsein Avni Karslioglu werde noch am Donnerstagnachmittag ins Flugzeug nach Ankara besteigen, meldete die regierungsnahe Zeitung "Yeni Safak". Auch die Online-Ausgabe der Zeitung "Sabah" berichtete, die Türkei rufe ihren Botschafter zurück.

Der türkische Justizminister Bekir Bozdag hat unterdessen Deutschland wegen der Judenvernichtung der Nazis das Recht auf die Völkermordresolution zu den Massakern an den Armeniern abgesprochen. "Erst verbrennst Du die Juden im Ofen, dann stehst Du auf und klagst das türkische Volk mit Genozidverleumdungen an", sagte Bozdag nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu.

Mit Blick auf Deutschland fügte er am Donnerstag im zentralanatolischen Sorgun hinzu: "Kümmere Dich um Deine eigene Geschichte." Die in der Resolution enthaltenen Genozid-Vorwürfe seien eine "Verleumdung" des Volkes, des Staates, der Geschichte und der Vorfahren der Türken. Der türkische AKP-Parlamentarier Burhan Kuzu bezeichnete türkischstämmige Unterstützer der Völkermord-Resolution im Bundestag als "Verräter" und warnte sie vor Reisen in die Türkei. "Die türkischstämmigen Abgeordneten im deutschen Parlament, die die Völkermordentscheidung unterschrieben haben, sollen keinen Fuß mehr in dieses Land setzen", schrieb Kuzu am Donnerstag auf Twitter. Den Grünen-Chef Cem Özdemir, der zu den Initiatoren der Resolution gehörte, zählte er zu den "Verrätern".

"Schäme Dich, Deutschland. Kümmere Dich erst um Deine eigene schmutzige Geschichte. Ist Hitler etwa Türke?", schrieb Kuzu. "Der deutsche Ungläubige hat's wieder einmal getan. Ich habe es immer gesagt; Deutschland war uns niemals ein ehrlicher Freund." Mit Blick auf die Deutschen meint er: "Das Osmanische Reich ist wegen ihnen auseinandergefallen."

Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier gab unterdessen seiner Hoffnung Ausdruck, dass sich aus der "Völkermord"-Resolution des Bundestags keine dauerhafte Belastung im Verhältnis zur Türkei entwickelt. Bei einem Besuch in Argentinien sprach Steinmeier am Donnerstag von einer "unabhängigen Entscheidung des Bundestags", auf die die Türkei "erwartungsgemäß" reagiert habe. "Ich hoffe, dass es uns gelingt, die nächsten Tage und Wochen miteinander so zu gestalten, dass es zu keinen Überreaktionen kommt."

Während des Ersten Weltkrieges beschloss die modernistisch orientierte, nationalistische jungtürkische Regierung des Reiches, die christliche armenische Bevölkerung aus ihren Siedlungsgebieten in Anatolien systematisch deportieren und in Massakern bzw. Todesmärschen durch die syrische Wüste töten lassen. Dabei wurden bis zu 1,5 Millionen Armenier getötet.

Deutschland war im Ersten Weltkrieg ein Verbündeter des Osmanischen Reiches. Deutsche Diplomaten vor Ort wussten von den Massakern, griffen aber nicht ein, was manche Kritiker als "deutsche Mitschuld" auslegen. Allerdings nahmen Deutsche nicht an der Organisation oder Durchführung des Genozids selbst teil.