Es sei "nicht hinnehmbar", die am vergangenen Mittwoch begonnen Verhandlungen fortzusetzen, während die Regierung von Bashar al-Bassad "weiter Zivilisten bombardiert und aushungert", sagte der Koordinator des Hohen Verhandlungskomitees (HNC) der Opposition, Riad Hijab, in Genf.

Nach Beratungen mit dem UNO-Sondergesandten Staffan de Mistura erklärte dieser, das HNC habe seine "formelle" Beteiligung an den Friedensgesprächen ausgesetzt, es könne aber Gespräche auf technischer Ebene geben. Die HNC-Delegation werde noch nicht abreisen, auch wenn einige Mitglieder auf einen kompletten Gesprächsabbruch drängten, sagte ein HNC-Mitglied der Nachrichtenagentur AFP.

Das Komitee fordert die Bildung einer Übergangsregierung ohne Assad. Dessen Vertreter sind zu einer Koalitionsregierung bereit, halten die Zukunft Assads aber für "nicht verhandelbar". Immerhin sprach dessen Chefunterhändler Bashar al-Jaafari am Montag von "neuen Ideen" für die Gespräche, blieb jedoch im Vagen.

Parallel zu der Blockade in Genf nimmt die Gewalt in Syrien stetig zu. Mehrere vorwiegend islamistische Rebellengruppen kündigten am Montag eine neue Offensive gegen die Assad-Truppen an, weil diese die Waffenruhe von Ende Februar nicht mehr respektierten. "Nach der Zunahme der Verstöße durch Regierungskräfte, darunter die gezielte Vertreibung von Menschen und die anhaltende Bombardierung von Wohnvierteln, rufen wir den Beginn der Schlacht aus", erklärten zehn Rebellengruppen gemeinsam.

Zu den Unterzeichnern gehören die mächtigen Organisationen Jaisch al-Islam und Ahrar al-Scham, die bei Damaskus und in der Provinz Aleppo stark sind. Jaisch al-Islam wird von Mohammed Allusch geführt, dem Chefunterhändler der Opposition in Genf. Ein Sprecher von Jaisch al-Islam sagte, die Offensive betreffe die Provinz Latakia und habe bereits begonnen.

In der vergangenen Woche waren die Regierungstruppen mit Hilfe russischer Kampfflugzeuge an mehreren Fronten in Aleppo vorgestoßen. In der seit fast vier Jahren zwischen Regierung und Rebellen geteilten Stadt gab es auch am Montag Kämpfe mit mehreren Toten, darunter zahlreiche Zivilisten.

Wegen der neuen Kämpfe sitzen nach Angaben der Organisation Ärzte ohne Grenzen inzwischen mehr als 100.000 Flüchtlinge im Grenzgebiet zur Türkei fest. Mehr als 35.000 Menschen seien aus Flüchtlingslagern geflohen, die zu nah an Kampfgebieten lagen oder von der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) erobert worden seien, teilte die Organisation am Montag mit. Sie säßen nun zwischen dem IS, den kurdisch kontrollierten Gebieten und der türkischen Grenze fest. Die Türkei lässt seit einem Jahr Flüchtlinge nur noch in Notfällen ins Land.

Zehntausende Menschen hätten "keinen sicheren Ort", an den sie gehen könnten, beklagte Muskilda Zancada, die Landeskoordinatorin der Ärzte für Syrien. Projektleiter Pablo Marco sagte, es sei "inakzeptabel", dass sich die EU auf die Abschiebung syrischer Flüchtlinge in die Türkei konzentriere und nicht auf den Schutz der Menschen, die im Grenzgebiet festsäßen.

Auch an der Grenze zu Jordanien stecken inzwischen zehntausende Bürgerkriegsflüchtlinge fest. "Informationsminister Mohammed Momani schätzt die Zahl der im Niemandsland blockierten Menschen auf rund 50.000", berichtete die amtliche jordanische Nachrichtenagentur Petra. Grund sei, dass Jordanien aus Angst vor der Infiltrierung von IS-Extremisten jeden Flüchtling genau überprüfen müsse.