Zuletzt änderte die SPÖ ihren Kurs in der Asylpolitik: Wie die ÖVP ist sie nun auch für Obergrenzen bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Eine derartige Obergrenze würde nach Auffassung von EuGH-Präsident Koen Lenaerts jedoch europäischem Recht zuwiderlaufen. Der Präsident des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Montag: "Immer wenn jemand asylberechtigt ist, hat er nach dem Unionsrecht das Anrecht darauf, als Flüchtling anerkannt zu werden". "Das ist schwer vereinbar mit irgendeiner Zahl oder Obergrenze."

Probleme "überwindbar"

Lenaerts geht davon aus, dass die EU-Staaten die Flüchtlingskrise lösen werden: "Ich glaube, dass die derzeitigen Probleme überwindbar sind." Die Europäische Union (EU) werde daran nicht zerbrechen, sondern diese Krise meistern, wie sie schon zahlreiche Krisen zuvor gemeistert habe, sagte der Belgier, der dem Gerichtshof seit Oktober 2015 vorsteht. Der Jurist verwies darauf, dass die EU immer strikt gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention handeln müsse. So müssten alle EU-Länder gemeinsame Mindeststandards bei der Unterbringung von Flüchtlingen einhalten, solange sie einen Asylantrag prüfen.

Kurz: Notfalls nationale Maßnahmen

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) erwartet indes "konkrete Maßnahmen" der Bundesregierung und der Landeshauptleute zur Grenzsicherung vom Asylgipfel am Mittwoch. Wenn es keine europäische Lösung gebe, seien Staaten wie Österreich zu "nationalen Maßnahmen" gezwungen, sagte Kurz am Montag vor einem EU-Außenministerrat in Brüssel.

2016 könne nicht so ablaufen wie das vergangene Jahr. Ein gemeinsames Vorgehen von Deutschland, Österreich und Slowenien "wäre eine sinnvolle Möglichkeit", sagte Kurz. Die EU-Grenzsicherung in Griechenland funktioniere nicht. "Ich glaube auch, dass es wenig Bereitschaft von Griechenland gibt, sich helfen zu lassen."