Aus Protest gegen die Flüchtlingspolitik der deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat der Landrat Peter Dreier (Freie Wähler) aus dem niederbayerischen Landshut 31 Flüchtlinge mit einem Bus zum Kanzleramt nach Berlin geschickt. Er wolle "ein Zeichen setzen, dass es so wie bisher in der Flüchtlingspolitik nicht weitergehen kann und darf", sagte er am Donnerstag.

Der Bus kam um etwa 18 Uhr in Berlin an, eine Stunde später als geplant. Für die Verzögerung sei ein Flüchtling verantwortlich gewesen, der sich bei einer Raststation von der Gruppe entfernt hatte. Man musste den Abgängigen erst suchen, bevor man die Fahrt fortsetzen konnte. Ob sich der Flüchtling absichtlich abgesetzt habe, sei unklar.

Unklar sei ebenfalls, was nun mit den 31 Syrern geschehen wird. Die erste Nacht in einer Berliner Herberge will Landrat Dreier aus eigener Tasche bezahlen, dann müsse Berlin einspringen.

Nach einem Bericht der "ZEIT" haben die Flüchtlinge das Ausmaß der Aktion zunächst nicht verstanden. Erst unterwegs sollen die Betroffenen erfahren haben, dass es sich nicht um einen normalen Transport nach Berlin handle. Über den politischen Aspekt der Busfahrt seien die Syrer nicht erfreut gewesen. "Nach zwei Stunden im Bus haben wir gemerkt: Wir sind nur Teil eines Spiels", zitiert das Blatt den syrischen Flüchtling Ahmad Sajed. "Wir sind wütend, dass wir benutzt wurden", so der 29-Jährige aus Damaskus weiter. "Wir wollen ein normales Leben und nicht Teil eines Spiels sein."

Angekündigt, durchgezogen

Dreier, der selbst im Auto nach Berlin fuhr, hatte die spektakuläre Aktion schon Ende Oktober in Aussicht gestellt. Die Regierung äußerte Verständnis, pochte jedoch zugleich auf die Aufgabenverteilung: Länder und Kommunen seien für die Unterbringung von Flüchtlingen zuständig. Der Bund leiste dafür umfangreiche Hilfe, hieß es in einer Erklärung von Regierungssprecher Steffen Seibert, die nach dem Eintreffen der Flüchtlinge am Abend in Berlin veröffentlicht wurde.

Landrat Peter Dreier
Landrat Peter Dreier © KK

"Zur Bewältigung der Flüchtlingssituation hat er (der Bund) ein finanzielles Hilfspaket geschnürt. So zahlt er unter anderem ab 2016 an die Länder pro Flüchtling und Monat 670 Euro von der Registrierung bis zur Erteilung eines Bescheides durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge", unterstrich Seibert. Bis 2019 stelle der Bund jährlich mehr als 1 Milliarde Euro für den Sozialen Wohnungsbau zur Verfügung.

Zugleich habe die Bundesregierung Maßnahmen auf europäischer und internationaler Ebene angestoßen, um die Zahl der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge zu verringern. "Im Vergleich zum Oktober 2015 ist diese Zahl derzeit auch erheblich niedriger", betonte Seibert.

Landrat Dreier teilt diese Sicht jedoch nicht. "Ein Ende der Flüchtlingswellen ist überhaupt nicht in Sicht, die Kapazitäten an menschenwürdigen Unterbringungsmöglichkeiten in unserem Land gehen rapide zur Neige und ich sehe nicht, dass bislang neue Wohnungen für die Zuwanderer gebaut worden wären."

Bei den Flüchtlingen handelt sich um Männer aus Syrien, deren Asylantrag bereits anerkannt wurde. Sie gelten als sogenannte Fehlbeleger, die in Flüchtlingsunterkünften untergebracht sind, sich aber eigentlich eine eigene Wohnung suchen müssten.

Die Männer hätten sich freiwillig auf die Reise in die Hauptstadt gemacht und wollten dort leben, hieß es. Sollten die Syrer in Berlin keine menschenwürdige Unterkunft finden, will der Landrat die Männer wieder mit nach Bayern zurücknehmen. Seibert sagte, Berlin habe dankenswerterweise zugesagt, den Flüchtlingen eine erste Unterbringung anzubieten.

Dreier hatte Merkel bereits Ende Oktober in einem Telefonat mit der Ankündigung unter Druck setzen wollen, Flüchtlingsbusse vor das Kanzleramt zu schicken. Merkel habe damals Verständnis für seine Haltung gezeigt, sagte Dreier. Da sich seitdem nichts verändert habe, sei er zu diesem ungewöhnlichen Schritt gezwungen worden. Er habe die Fahrt beim Kanzleramt, wie versprochen, am Vortag angemeldet.