Jetzt wird es ernst für den TV-Komiker Jimmy Morales. Nach seinem Sieg bei der Präsidentenwahl in Guatemala steht der Schauspieler vor einer Mammut-Aufgabe. Der Verdruss vieler Guatemalteken über die durch und durch korrupten Eliten des Landes hat den 46-Jährigen ins höchste Staatsamt gespült - jetzt muss er beweisen, dass er wirklich bereit ist, die traditionellen Strukturen einzureißen.

Angesichts der Schmiergeldaffäre um Ex-Präsident Otto Perez und seine frühere Stellvertreterin Roxana Baldetti sprach Morales mit seinem Wahlkampfslogan "Weder korrupt, noch Dieb" vielen Wählern aus der Seele. Der Kandidat der nationalistischen Partei FCN ist ein politischer Newcomer, den noch vor wenigen Monaten niemand auf dem Radar hatte. 2011 hatte er es bei der Bürgermeisterwahl in Mixco gerade mal auf den dritten Platz geschafft.

Seine Comedy-Serie "Moralejas" machte ihn im ganzen Land bekannt, doch Analysten warnen davor, Morales als reinen Witzbold abzutun. Der Betriebswirt hat ein Aufbaustudium in Verteidigungs- und Sicherheitsstrategie absolviert. Kritiker sagen ihm eine gewisse Nähe zu ultrarechten Militärkreisen nach. Er selbst weist die Vorwürfe zurück.

Unklar ist allerdings noch, wofür Morales politisch steht. "Es bleibt abzuwarten, ob er wirklich detaillierte Vorschläge hat, um den strukturellen Problemen beizukommen, die die guatemaltekische Gesellschaft prägen", sagt Maria Falla vom Forschungsinstitut Demos. Im Wahlkampf kündigte Morales an, die Polizei zu stärken, die Korruption zu bekämpfen und die Wirtschaft anzukurbeln. Ein Schattenkabinett hat er bisher noch nicht präsentiert.

"Morales hat überhaupt kein Personal für eine eigene Regierungsmannschaft", sagt der deutsche Menschenrechtsanwalt Michael Mört, der seit Jahrzehnten in Guatemala arbeitet. Schon allein deshalb und wegen der Mehrheitsverhältnisse im Kongress muss er wohl mit anderen Parteien kooperieren.

Drängende Aufgabe

Nach seinem Amtsantritt im Jänner kommenden Jahres warten auf Morales einer Reihe drängender Aufgaben. "Zweifellos wird die größte Herausforderung für die neue Regierung sein, das Vertrauen in die Institutionen und die politische Führung wiederherzustellen", sagt Luis Linares vom sozialwissenschaftlichen Forschungsinstitut Asies. "Der Kampf gegen die Korruption ist die wichtigste Forderung der Bevölkerung."

Außerdem hat Guatemala mit einem enormen Haushaltsdefizit zu kämpfen. In den vergangenen 16 Jahren stieg die Staatsverschuldung um 386 Prozent. Nach Angaben der Weltbank hat das Land mit zwölf Prozent die niedrigste Steuerquote weltweit. Im Gegensatz zu anderen Niedrigsteuerländern verfügt Guatemala auch kaum über andere Einnahmequellen.

Auf der Leinwand hat Morales für seinen neuen Job schon mal geübt. In seinem letzten Film wird er in seiner Paraderolle Neto durch eine Reihe von Zufällen in das höchste Staatsamt gewählt. Jetzt muss er zeigen, dass er auch in der Realität das Zeug zum Präsidenten hat.