"Face to face" und "one on one" wollen die beiden sprechen. Frontal, direkt und ohne Umwege wie Minister, Diplomaten oder lange Telefonleitungen. So jedenfalls beschreibt Celeste Wallander das für Montag geplante Spitzentreffen zwischen US-Präsident Barack Obama und Russlands Präsident Wladimir Putin in New York.

Reinen Wein einschenken

Denn nun sei ein Zeitpunkt, um "reinen Wein einzuschenken", sagte die Sicherheitsberaterin Obamas in Russland-Fragen. Wenn zwei der mächtigsten Männer der Welt sich hinter den Kulissen der UN-Vollversammlung gegenüberstehen, könnten zwei besonders explosive Konflikte abgekühlt werden - oder sich noch weiter verschärfen.

Konflikt eins: Syrien

Als leide das von einem blutigen Bürgerkrieg gepeinigte Land nicht schon genug kämpfende Parteien, mischt Russland dort nun auch richtig mit. Die russischen Militärjets gepaart mit Spekulationen um eine Intervention im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) machen die Militärstrategen im Washington seit Wochen hibbelig. Denn weder im Pentagon noch im Weißen Haus hat jemand eine Antwort auf die Frage: Was genau will Putin da?

Kühl und knapp

Wie sehr Obama diese Frage unter den Nägeln brennt, zeigt schon seine Abkehr von einer über Monate gepflegten Isolation Putins. Seit Obama im Zoff um den flüchtigen Spionage-Enthüller Edward Snowden 2013 ein in Moskau geplantes Treffen absagte, liefen sich die beiden nur am Rande von Gipfeltreffen oder der D-Day-Feier in der Normandie über den Weg. Der Austausch war jeweils eher kühl, knapp und bescheiden.

Unverantwortlich

Angesichts des Konflikts mit schätzungsweise 220.000 Toten und vier Millionen Flüchtlingen wäre es unverantwortlich, Putins Angebot nicht anzunehmen, sagt US-Sicherheitsberater Ben Rhodes. Selbst einige der engsten europäischen Verbündeten hätten Obama zu dem Gespräch gedrängt. Zugleich läuft dieser Gefahr, vom Kremlchef düpiert zu werden. Denn was, wenn die bereits vorsichtig angedachte militärische Absprache im Kampf gegen IS nach hinten losgeht? Wenn Syrien und der benachbarte Irak zum Schauplatz eines Stellvertreterkriegs zwischen Moskau und dem US-geführten Bündnis werden?

Andererseits: Will Obama zulassen, dass Putin in dem Krieg gemeinsam mit Syrien und dem Iran ein Zentrum zum Informationsaustausch betreibt, wie erst am Samstag bekannt wurde, oder auf eigene Faust eingreift? Das Zentrum könnte auch Militäraktionen koordinieren. Als engem Verbündeten des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad, der Zivilisten mit Fassbomben angreifen lässt, führt an Putin womöglich kein Weg vorbei. "Konstruktive Beiträge" seien gern gesehen, heißt es aus Washington.

Tägliches Vor und Zurück

Denn abgesehen vom täglichen Vor und Zurück ist der Krieg gegen die IS-Kämpfer längst zum Patt gefroren. Die zuvor als Lösung beschworene Ausbildung syrischer Rebellen durch das US-Militär gleicht einer Katastrophe. Selbst Pentagonsprecher Peter Cook spricht von Fehlern und von "schwer gelernten Lektionen." Zuletzt sollen die Rebellen der terroristischen Al-Nusra-Front im Austausch für freies Geleit gar Geländefahrzeuge und ein Viertel ihrer Munition übergeben haben.

Putin hat dank der massiven Militärhilfen unterdessen Fakten und sich selbst dank all dem Syrien-Gerede zugleich eine Bühne für seinen UN-Auftritt geschaffen. "Der Kreml glaubt vermutlich, dass eine harte Haltung das Weiße Haus dazu bringen wird, Russland als Akteur zu akzeptieren", meint der Experte Dmitri Trenin vom Moskauer Carnegie Center. Beobachter erwarten, dass Putin bei seiner Rede am Montag einen Kampf gegen die Islamisten unter UN-Mandat fordert.

Konflikt zwei: Krim

Und dann wäre da noch Konflikt zwei: Wegen der Annexion der Halbinsel Krim, der Schützenhilfe für prorussische Separatisten in der Ostukraine steht Putin international am Pranger. Doch die hitzige Debatte um den Syrien-Konflikt lenkt von der Ukraine-Krise ab. "Moskau hofft, dass eine Zusammenarbeit mit den USA zu Syrien die Konfrontation wegen der Ukraine dämpfen wird", sagt Trenin. Es sei wohl kein Zufall, dass die Waffenruhe im Kriegsgebiet Donbass zwischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten seit 1. September weitgehend eingehalten wird.

Ziel: Ende der Sanktionen

Für den Kremlchef geht es in New York aber nicht nur um Dialog auf Augenhöhe über die blutigen Konflikte der Welt, sondern auch um ein Ende der Sanktionen des Westens, die Russlands Wirtschaft belasten. "Sobald etwas nicht nach dem Muster unserer westlichen Partner läuft, greifen diese zum Sanktions-Knüppel", wettert Außenminister Sergej Lawrow. Die Besessenheit des Westens von Strafmaßnahmen werde ein zentrales Thema Putins bei der Generaldebatte, kündigt Lawrow an.

Fragliches Ende

Ob das Tete-a-Tete der Großmächte Bewegung in die beiden Konflikte bringen kann, bleibt fraglich. Statt bei den UN in New York die neuen Nachhaltigkeitsziele oder die Atomvereinbarung mit dem Iran zu feiern, dürften Putin und Obama eher die Grenzen von Weltdiplomatie aufzeigen. UN-Experte Richard Gowan vom European Council on Foreign Relations sagt schon jetzt: "Die Party wurde richtig verdorben."