Am Montag hatte die ungarische Polizei die letzte Lücke im 175 Kilometer langen Grenzzaun zu Serbien geschlossen - ein Bahngleis nahe dem Grenzort Röszke, über das bis dahin Tausende Flüchtlinge nach Ungarn gekommen waren. Zugleich traten um Mitternacht verschärfte Gesetze in Kraft. Danach gilt illegaler Grenzübertritt nun nicht mehr als Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftat, und wird mit Haft oder Abschiebung sanktioniert.

Für die südlichen Bezirke Badx-Kiskun und Csongrad wurde von der ungarischen Regierung der sogenannte Masseneinwanderungs-Krisenfall ausgerufen. Dies erklärte Regierungssprecher Zoltan Kovacs am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Szeged, der Bezirkshauptstadt von Csongrad. Der Krisenfall wird ebenfalls durch die neuen Gesetze geregelt. Eine Ausrufung ermächtigt die Behörden etwa zu beschleunigten, faktisch rein formalen Asylverfahren.

Die EU-Kommission hat von Ungarn "Klärungen" zum neuen Gesetz verlangt. Eine EU-Kommissionssprecherin erklärte am Dienstag in Brüssel, die EU-Behörde sei gerade dabei, das Gesetz zu prüfen. Am Donnerstagabend werde EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos in Budapest darüber diskutieren. Um welche Klärungen es sich handelt, wollte die Sprecherin nicht sagen.

Der Flüchtlingsandrang verlagerte sich in der Früh von der geschlossenen Lücke bei Röszke zum Grenzübergang an der alten Landstraße, die von Serbien nach Ungarn führt. Vor dem geschlossenen Grenzübergang begehrten nach Beobachtungen eines Korrespondenten der Deutschen Presse-Agentur bis zu 2.000 Menschen Einlass nach Ungarn. Sie skandierten: "Öffnet die Grenze!"

Nach ungarischen Medienberichten will die Polizei die Flüchtlinge vom Grenzübergang wegbringen und zu einem im Aufbau befindlichen, nahe gelegenen "Durchlasspunkt" lenken. In dessen Nähe beobachtete der dpa-Reporter am Morgen mehrere hundert auf dem Boden sitzende Flüchtlinge.

Vor der Schließung der Grenze am Montag erreichte noch eine Rekordzahl von Flüchtlingen das Land. Die Polizei meldete 9.380 Ankömmlinge - etwa viermal so viel wie der Tagesdurchschnitt in den vergangenen Wochen. Seit Jahresbeginn sind nach Behördenangaben knapp mehr als 200.000 Flüchtlinge in Ungarn eingetroffen. Die meisten seien über die Grenze zu Serbien eingereist und seien anschließend nach Westeuropa weitergereist.

Die tschechische Ausländerpolizei griff seit der Wiederaufnahme der Grenzkontrollen Deutschlands zu Österreich am Sonntagabend 81 Flüchtlinge auf, wie eine Polizeisprecherin am Dienstag mitteilte. Dies war nur ein leichter Anstieg gegenüber den Vortagen. Tschechien hatte eine größere Ausweichbewegung der Flüchtlinge erwartet. Die meisten Migranten kamen den Angaben zufolge zu Fuß über die Grenze, sie stammten aus Syrien und Afghanistan.