Die zwangsweise Räumung des Ministeriums begann etwa sechs Stunden nachdem mehrere Dutzend Aktivisten in das Gebäude eingedrungen waren und es teilweise besetzt hatten. Einer der Vertreter der "Ihr stinkt"-Kampagne, Imad Bazzi, sagte, die Polizisten hätten auch die letzten Besetzer Etage für Etage, Treppe für Treppe "heruntergestoßen" und "herausgeschubst". Das Rücktrittsultimatum an den Minister, der sich zum Zeitpunkt der Besetzungsaktion in dem Gebäude befand, lief am Dienstagabend aus.

Die Kampagne erklärte auf ihrer Facebook-Seite, die Polizisten hätten mehrere Aktivisten geschlagen. Ein Vertreter des Roten Kreuzes sagte, 15 Demonstranten seien bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften verletzt worden. Sie würden ärztlich behandelt.

Bei Einbruch der Dunkelheit bekundeten mehrere hundert Demonstranten vor dem Ministerium ihre Solidarität mit den wenigen Aktivisten, die sich zunächst noch im Gebäude befanden. Dabei kam es wiederholt zu Geplänkeln mit der Polizei. "Wir machen weiter. Revolution!" riefen die Demonstranten im Chor.

Die durch die Schließung der größten Deponie des Landes Mitte Juli verursachte Müllkrise hat sich längst zu einer umfassenden Staatskrise ausgeweitet. Der "Ihr stinkt"-Kampagne haben sich zehntausende Libanesen angeschlossen. In den vergangenen Wochen forderten sie auf mehreren Kundgebungen nicht nur eine Lösung für das Müllproblem. Sie wollen auch ein Ende der Korruption und der Misswirtschaft sowie Verbesserungen bei der Infrastruktur des Landes wie der Strom- und Wasserversorgung. Allgemeine Unzufriedenheit herrscht zudem über die schlechte Wirtschaftslage im Libanon.

Inzwischen türmen sich in den libanesischen Städten die Abfälle. Einige Gemeinden sammeln zwar den Abfall ein, laden ihn dann aber auf illegalen Müllplätzen ab. Kritiker werfen der Regierung vor, neue Aufträge zur Müllentsorgung zu überhöhten Preisen an Firmen mit Verbindungen in die Politik vergeben zu wollen.

Der Libanon steckt schon seit längerem in einer tiefen politischen Krise. Das Parlament ist tief gespalten zwischen einem von den USA und Saudi-Arabien unterstützten Lager um den sunnitischen Ex-Ministerpräsidenten Saad Hariri und einem von der schiitischen Hisbollah angeführten Block, der unter anderem vom Iran und Damaskus unterstützt wird. Das Amt des Staatsoberhaupts ist seit mehr als einem Jahr unbesetzt. Die Wahl eines neuen Präsidenten scheiterte mehrfach.