Bereits im Oktober 2013 war bekannt geworden, dass der US-Geheimdienst wohl über Jahre das Handy der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel ausspionierte. Nach neuen Informationen der Enthüllungsplattform Wikileaks soll die NSA (National Security Agency) aber nicht nur die Regierungschefin, sondern jahrelang weite Teile der deutschen Regierung ausgespäht haben - darunter Spitzenbeamte und Minister aus dem Wirtschafts-, dem Finanz- und dem Landwirtschaftsressort.

Die Ausforschung soll mindestens bis in die 1990er-Jahre zurückreichen. Die NSA habe sich demnach vor allem für die deutsche Währungs- und Handelspolitik interessiert, berichteten "Süddeutsche Zeitung", NDR und WDR, die im Voraus Zugang zu den Unterlagen hatten. In den Dokumenten findet sich auch das Protokoll eines Telefonats der deutschen Bundeskanzlerin zur Griechenland-Krise aus dem Oktober 2011.

Zu Altmaiers Schritt hieß es auf Nachfrage, die Einladung des US-Botschafters zum Gespräch sei als "Einbestellung" zu verstehen. Eine Einbestellung gilt als scharfer Protest einer Regierung. Nach Bekanntwerden des Abhörens des Merkel-Handys 2013 hatte der damalige deutsche Außenminister Guido Westerwelle auch den US-Botschafter vorgeladen. Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble äußerte sich kritisch zu den neuen Enthüllungen. Es dränge sich der Eindruck auf, "dass bei den amerikanischen Diensten der eine oder andere möglicherweise Maß und Mitte ein wenig aus dem Blick verloren hat", sagte er der "Bild"-Zeitung (Freitag-Ausgabe).

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel reagierte relativ gelassen auf die neuen Spionagevorwürfe. "Man bekommt ein ironisches Verhältnis dazu", sagte der SPD-Chef in der ARD.

Die deutsche Bundesanwaltschaft hatte wegen des vermutlichen Lauschangriffs auf Merkels Handy bereits Ermittlungen eingeleitet, diese jedoch Mitte Juni aus Mangel an Beweisen eingestellt. Zu den neuen Vorwürfen erklärte die Behörde, Generalbundesanwalt Harald Range gehe den Veröffentlichungen nach.

Die "Zeit" berichtete unterdessen, deutsche Diplomaten seien bis zur Aufdeckung der Späh-Affäre 2013 gefährlich sorglos mit dem Thema Sicherheit umgegangen. Eine Prüfung deutscher Botschaften durch den Bundesnachrichtendienst (BND) habe ergeben, dass abhörsichere Besprechungsräume nicht konsequent genutzt und Telefonanlagen so programmiert worden seien, dass andere unbemerkt Gespräche hätten mithören können.

Das deutsche Auswärtige Amt beauftragte nach den Enthüllungen des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden der "Zeit" zufolge im Juli 2013 den BND, diplomatische Vertretungen in befreundeten Staaten auf Wanzen und andere Spähversuche zu überprüfen. In den Botschaften in den USA, Großbritannien und Frankreich sowie den Vertretungen in Brüssel und bei der UNO in New York seien zwar keine Abhörgeräte gefunden worden. Die BND-Mitarbeiter hätten aber viele Indizien dafür entdeckt, dass die Diplomaten es mit der Sicherheit nicht so genaugenommen hätten. So hätten sie im Besprechungsraum der Botschaft in Paris einen "sehr bedenklichen" Mauerdurchbruch gefunden, weil darin leicht Mikrofone hätten versteckt werden können.