Als Horst Köhler am Montag kurz nach 14 Uhr seinen Rücktritt erklärt, schreibt er damit nicht nur deutsche Geschichte. Er hat vermehrt auch die Probleme der schwarz-gelben Regierung massiv. Als Köhler 2004 auf Vorschlag der CDU-Chefin Angela Merkel und des FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle Bundespräsident wurde, galt dies als erstes Meisterstück der damaligen Oppositionspolitiker - und als Anfang vom Ende der Kanzlerschaft Gerhard Schröders. Schon deshalb wird Köhlers Abgang nun auch als Problem Merkels angesehen.

Wie gut kann sich Merkel durchsetzen?

Die Kanzlerin hat mit dem schwachen schwarz-gelben Regierungsstart, der Euro-Rettung, der Finanzkrise und der bevorstehenden Haushaltsklausur eine Fülle von Problemen auf dem Tisch. Nun kommt ein weiteres und sehr gefährliches hinzu: Die Neuwahl des nächsten Bundespräsidenten wird ein echter Test für die Durchsetzungsfähigkeit Merkels. Angesichts der wachsenden Vielfarbigkeit in den Bundesländern scheint derzeit noch völlig unklar, welche Mehrheiten sich in der Bundesversammlung formieren werden. Aber genau diese Frage, welche politische Konstellation ihren Kandidaten durchsetzen kann, gilt im politischen Berlin als Menetekel für die kommenden Jahre. "Sicherlich leistet Köhler der Kanzlerin einen Bärendienst", meint der Politologe Gerd Langguth.

Köhlers Rückzug verstärkt die Kritik an Merkel aber auch auf einer ganz anderen Ebene: Erneut geht einer "ihrer" Männer freiwillig von Bord. Erst vergangene Woche kündigte Hessens Ministerpräsident und CDU-Parteivize Roland Koch seinen Rückzug aus der Politik an. Merkel muss sich von Parteifreunden wie Franz Josef Jung vorhalten lassen, sie binde solche Talente nicht stark genug. Ähnliches hatte die Kanzlerin auch schon gehört, als sich Friedrich Merz schmollend zurückgezogen hatte. Die CDU-Chefin hält zwar stets dagegen, dass sie den Rückzug beider bedauere. Aber das Grummeln über ihren Politikstil werde zunehmen, heißt es in Fraktionskreisen.

Mangelnde Rückendeckung

Auch Köhler hatte sich bereits in der ersten Amtszeit über mangelnde Rückendeckung durch die Regierungschefin beklagt. Intern monierte der Präsident, das Selbstbewusstsein beider Volksparteien in der Großen Koalition und die fehlende starke Opposition hätten dazu geführt, ihn eher als Abzeichner von Gesetzen denn als unabhängiges Verfassungsorgan anzusehen. Immerhin wagte er bei der Flugsicherung und dem Verbraucherinformationsgesetz gleich zweimal, seine Unterschrift unter Gesetze zu verweigern. Nun regiert "seine" schwarz-gelbe Koalition. Aber als Köhler nach seinen unglücklichen Afghanistan-Äußerungen etwa vom Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sogar vorgeworfen wurde, nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetzes zu stehen, sprang ihm die Bundesregierung aus Angst vor einer neuen Afghanistan-Debatte nicht bei.

Merkel muss die Suppe auslöffeln

Zudem haftet Merkel nun für Mängel ihres Schützlings. Denn die ersten Politiker-Äußerungen des Schocks und des Lobes für seine Arbeit dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass Köhlers Schritt auch erhebliches Befremden auslöste. Ausgerechnet in einer so tiefgreifenden Krise tritt der Politik-Außenseiter mit Hinweis auf seine Dünnhäutigkeit zurück. Oppositionspolitiker kritisieren bereits, dass dies Zweifel aufkommen lässt, ob Köhler von Anfang an der richtige Mann für das Amt war. Schon 2004 hatte es Kritik gegeben, dass Merkel mit der Nominierung des IWF-Chefs letztlich Interessen der Partei über die des Landes gestellt habe. Immerhin musste Deutschland einen der ganz wenigen Posten in wichtigen internationalen Positionen räumen.

Nur mit einem tröstet man sich in der Bundesregierung: Köhler hatte vor seinem überraschenden Abgang immerhin noch die beiden milliardenschweren Rettungspaket für Griechenland und den Euro unterzeichnet. Kaum auszudenken, was passiert wäre, wenn diese heute noch zur Unterschrift im Schloss Bellevue lägen und dann monatelang nicht umgesetzt werden könnten.