Auch wenn es sich bei der Korea-Krise nach wie vor um einen Krieg der Worte handelt, hat Japan in Erwartung eines nordkoreanischen Raketentests mitten in Tokio eine PAC-3-Abschusseinheit in Stellung gebracht. Zwei Boden-Luft-Abwehrraketen des Typs "Patriot" ergänzen von der Marine ins Japanische Meer entsandte Zerstörer. Das Tokioter Verteidigungsministerium sprach von einer reinen "Vorsichtsmaßnahme", während der Kreativität der nordkoreanischen Propagandamaschine keine Grenzen gesetzt scheinen, immer neue Weltuntergangsszenarios an die Wand zu malen: Das Regime forderte in Südkorea lebende Ausländer auf, das Land zu verlassen. "Im Falle eines thermonuklearen Krieges wollen wir nicht, dass in Südkorea lebende Ausländer verletzt werden", meldete die staatliche Nachrichtenagentur KCNA.

Die internationale Gemeinschaft gibt sich weiterhin unbeeindruckt. Vorerst hat kein einziges Land - außer Nordkorea natürlich - eine Reisewarnung für den Süden erlassen, wo alles seinen gewohnten Gang geht. Der Norden tobt, im Süden gibt man sich gelassen. Menschen genießen in Straßencafés den Frühling, die Kriegsdrohungen beginnen zu langweilen. Man hat andere Sorgen: die Wirtschaft, Arbeitsplätze, Ausbildung.

Gelassen hat wie alle westlichen Regierungen auch das Außenministerium in Wien auf die jüngste Warnung Nordkoreas reagiert, alle Ausländer sollten rund um eine Kriegsgefahr Südkorea verlassen. An den bisherigen Informationen an Österreicher in Südkorea oder Südkorea-Reisende änderten die jüngsten Entwicklungen nichts, sagte Außenamtssprecher Martin Weiss. Außenminister Michael Spindelegger zeigte sich allerdings "äußerst besorgt" über die jüngsten Ankündigungen Nordkoreas.

Auch Japan hat seine Erfahrung mit leeren nordkoreanische Drohungen, doch Tokio überlässt nichts dem Zufall: Der Schutz der Bevölkerung habe höchste Priorität, sagte Japans Premier Shinzo Abe, obwohl auch seine Regierung kaum damit rechnet, dass es Nordkorea trotz Kriegsgebrüll wagen sollte, eine Rakete direkt auf Japan zu feuern.

Nächster Raketentest?

Es kam auch noch nie so weit, dass die von den USA gelieferten Patriot-Systeme eine nordkoreanische Rakete vom Himmel holen musste. In einem einzigen Fall, 1998, feuerte Nordkorea eine Rakete über Japan ab, die dann im Pazifischen Ozean landete. Meist waren die Flugbahnen unbedenklich - oder die technisch wenig ausgereiften Geschosse stürzten nach wenigen Minuten in den Pazifik. Ein neuer Raketentest kann noch diese Woche erfolgen. Pjöngjang versucht ganz offenkundig, den Einsatz in seiner Erpressungsstrategie stetig zu erhöhen.

Am Montag blieben alle 53.000 Arbeiter der von Nord- und Südkorea betriebenen Industriezone Kaesong daheim. Der Norden droht jetzt mit der kompletten Schließung von Kaesong. Für den Süden bedeutet dies vielfache Milliardenverluste.

Zum ersten Mal seit der Inbetriebnahme von Kaesong im Jahr 2004 ruht jetzt die Arbeit. Der Süden soll über Wirtschaftsdruck erpresst und zu Gesprächen gezwungen werden, doch dessen Präsidentin Park Geun Hye zeigte vorab "bittere Enttäuschung" über die Blockadepolitik Pjöngjangs. Noch weniger Länder seien bereit, in einem Land zu investieren, das Versprechen und internationale Normen breche, so Park.

Kaesong hat für den Süden weniger wirtschaftliche Bedeutung als für den Norden. Die Industriezone galt als Beweis dafür, dass die innerkoreanische Zusammenarbeit trotz Gesprächsstille und Anfeindungen funktionieren kann. Für südliche Unternehmer ist Kaesong eine Art Sozialprojekt. Seoul offeriert kompletten Versicherungsschutz für Produktionsausfälle infolge politischer Faktoren. Doch ohne eine Kniefall Seouls dürfte Keasong unbefristet geschlossen bleiben.