Bundespräsident Alexander Van der Bellen trifft am Donnerstag am Ende seines dreitägigen Arbeitsbesuchs in Schweden mit König Carl XVI. zusammen. Im Königspalast von Stockholm ist das Staatsoberhaupt vor dem Rückflug nach Wien zu einem Mittagessen geladen. Zuvor kann der frühere Wirtschaftsprofessor in Begleitung von WKÖ-Präsident Harald Mahrer an der renommierte Stockholm School of Economics noch ein bisschen Universitätsluft schnuppern.

Für die mitgereiste Wirtschaftsdelegation war zudem ein Treffen mit dem Schwedischen Rat für Künstliche Intelligenz programmiert. Schweden und Österreich seien zwei Länder, die sehr viel in Forschung und Entwicklung sowie in den Innovationsbereich investieren würden, zog WKÖ-Präsident Mahrer am Mittwochabend eine erste Bilanz. Gemeinsam mit Belgien und Schweden zähle man diesbezüglich zu den „Top-drei-Ländern“. Dabei sollte man nicht nur von den Besten lernen, „sondern muss auch mit den Besten kooperieren.“

Meinungsaustausch

Daher sei in Schwedens Hauptstadt seit Dienstag ein Meinungsaustausch insbesondere zu den Themen „Künstliche Intelligenz, Zukunft der Forstwirtschaft, Transformation der Energiesysteme, Life Science, Medikamente oder Medizintechnologien“ geführt worden, also Bereichen, die „den Menschen in der Zukunft ein gesünderes und längeres Leben ermöglichen“ sollten, analysierte Mahrer. „Da gibt es so viele Felder, wo die Schweden top aufgestellt sind und wir auch. Und da wollen wir natürlich diese Schätze gemeinsam heben.“

Zusammenarbeit sei gefragt. Verbesserungsbereiche gebe es in der EU vor allem in Bürokratiefragen. „Wir alle zahlen gemeinsam in diese europäischen Töpfe ein“, meinte der Wirtschaftskammerpräsident. Daraus könnten etwa österreichische und schwedische Betriebe Gelder beziehen, „um zu wachsen“. Aber: „Jetzt stellen wir fest, dass das Antragsstellen für diese Gelder extrem bürokratisch ist, noch bürokratischer als zu Hause. Da könnte man den Hebel ansetzen und den Schmierstoff für dieses wirtschaftliche Getriebe, für diesen Motor, deutlich leichter zum Einsatz bringen.“

„Nicht auf Lorbeeren ausruhen“

Bezüglich des Investments in Forschung und Entwicklung seien die Strukturen in Schweden und Österreich sehr ähnlich„, konstatierte Mahrer. Ein Problem sei aber, dass die Konkurrenz rund um den Globus zunehme. “Daher müssen wir mehr machen und dürfen uns nicht auf den Lorbeeren der Vergangenheit ausruhen.„

Die EU müsse auch darauf achten, aufstrebende Wirtschaftsräume nicht aus den Augen zu verlieren, warnte Mahrer im APA-Gespräch. „Das ist ein wichtiges Thema. Wir haben globale Herangehensweisen unter dem Radar.“ So passiere nicht nur in Großmächten wie China oder Indien „extrem viel“, sondern auch in Ländern wie Singapur, Südkorea, Vietnam oder Mexiko, „ohne dass das den Leuten bei uns eigentlich so bewusst ist.“ Den exportorientierten Betrieben in Österreich sei dies aber schon bewusst.

Es stelle sich folgendes Problem: „Wir preisen uns aus dem Markt“. Zwar hätten Länder wie Schweden oder Österreich „eine tolle Forschung“, könnten aber am Ende des Tages wegen „extrem teurer Rahmenbedingungen, hoher Energiepreise, hoher Lohnnebenkosten, hoher Bürokratiekosten nicht mehr mithalten.“

Damit seien aber auch viele Arbeitsplätze verbunden. Es gebe in Österreich und Europa „einfach Systemnotwendigkeiten, deren Umstellung dauern werden“, so Mahrer. Die EU-Länder müssten dringend neue Akzente setzen. „Wir brauchen in ein paar zentralen Bereichen große Schritte nach vorne. Das berühmte Schlagwort Energieunion heißt einfach, sich im Energiebereich so aufzustellen, dass die Preise nicht durch die Decke gehen.“

Einfacher für autokratische Staaten

Autokratische Staaten wie China hätten es natürlich leichter, die Bürokratie einzudämmen, indem auf Umweltverträglichkeit oder Bürgerbedenken kaum Rücksicht genommen werden müsse. Es gehe dabei etwa um Themen wie „Energiesicherheit, eine sichere Infrastruktur, die auch leistbar ist“. China habe leicht lachen und sage: „Ihr schießt euch ja mit zwei Schrotflinten gleichzeitig in die Knie und lähmt euch selber, bevor ihr zum Sprinten anfangt.“

Dennoch bräuchten sich Europa und die EU nicht zu verstecken. „Ich glaube, das Kreativitätspotenzial und Innovationspotenzial ist bei uns trotzdem größer. Ich kann nicht alles mit staatlicher Planung verordnen und umsetzen. Da sind wir supersmart aufgestellt, und das muss man unterstützen.“

Auch Van der Bellen hatte am Mittwoch angesichts der zahlreichen Gespräche zu ökonomisch-technologischen Themen in Stockholm insbesondere die wirtschaftliche Kompetenz der EU gelobt. Angesichts der Marktchancen, welche durch die Europäische Union geöffnet worden seien, sagte der Bundespräsident in offensichtlicher Anspielung auf die FPÖ-Kampagne im EU-Wahlkampf: „Es ist kein Wahnsinn, was da passiert ist.“ Nach einem Meinungsaustausch mit Schwedens konservativ-liberalen Premier Ulf Kristersson konstatierte Van der Bellen am Mittwoch zudem: „Die Kooperation in Europa funktioniert, zumindest im wirtschaftlichen Bereich.“