Der neue Staatspräsident der Slowakei heißt Peter Pellegrini. Laut vorläufigen Ergebnissen und der Auszählung von nahezu allen Wahllokalen erhielt der aktuelle, sozialdemokratische Parlamentspräsident 53,26 Prozent der Wählerstimmen. Der parteilose Ex-Diplomat Ivan Korčok kam auf lediglich 46,73 Prozent. In der ersten Wahlrunde vor zwei Wochen war der Ex-Außenminister noch knapp vor Pellegrini gelegen. Faktisch hat der Präsident in der Slowakei überwiegend repräsentative Aufgaben. Seine Bedeutung steigt aber - wie in Österreich - in Krisenzeiten.

Rund 4,3 Millionen Wahlberechtigte in der Slowakei waren am Samstag aufgerufen, ein neues Staatsoberhaupt für die nächste fünfjährige Amtszeit zu bestimmen. Das Ergebnis wird sich auf den künftigen Kurs des Landes auswirken. Pellegrini wird dem pro-russischen Lager zugerechnet.

Wahlbeteiligung lag bei mehr als 61 Prozent

Das in der Slowakei allgemein erwartete Wahldrama hat somit nicht stattgefunden. Pellegrini konnte seinen Rivalen um 6,5 Prozentpunkte schlagen. Er ist der sechste Präsident seines Landes, der von den Bürgern in einer Direktwahl bestimmt wurde. Die Wahlbeteiligung lag bei mehr als 61 Prozent.

Kurz nach Mitternacht bedankte sich Pellegrini bei seinen Wählern und Anhängern. „Es ist für mich eine große Verpflichtung, eine gewaltige Ehre“, meinte er. Nach allem, was er im Wahlkampf einstecken habe müssen, zugleich aber auch eine große Genugtuung, fügte er hinzu. An seiner Seite stand bei der Dankesrede auch der linkspopulistische Ministerpräsident Robert Fico. Es habe sich gezeigt, dass ein Großteil des Landes einen Regierungsstil, wie ihn Ficos Kabinett angenommen hat, sowie eine Fortsetzung dieser Politik wünsche, kommentierte er die Ergebnisse.

Kurz zuvor gestand Korčok seine Niederlage ein, kritisierte dabei aber zugleich die Wahlkampftaktik des Regierungslagers heftig. Nicht nur habe sich erwiesen, „dass man Präsident werden kann, indem man Hass verbreitet“. Man könne auch gewinnen, wenn man den Anderen zum „Kandidaten des Krieges“ mache, erklärte er in Anspielung auf das von Regierungspolitikern verbreitete Narrativ, dass Korčok als Präsident die Slowakei in den Krieg im Nachbarland Ukraine hineinziehen würde. Er respektiere, dass in der Stichwahl eine rekordhohe Wahlbeteiligung entschieden habe, seiner Meinung nach aber auch Angst. Korčok wurde von der pro-europäischen, liberalen Opposition unterstützt.

Weiterer Aufwind für Ministerpräsident Fico

Das Ergebnis bedeutet weiteren Aufwind für den Linkspopulisten Fico, der mehr Kontrolle über die Medien, eine Aufweichung der Anti-Korruptionsgesetze und weniger Hilfe für die Ukraine anstrebt. Und es zeigt auch, dass die regierungskritischen Proteste auf den Straßen und der Widerstand eines Teils der bürgerlichen Gesellschaft, der liberalen Opposition und Medien nicht die Gesamtstimmung im tief polarisierten EU- und NATO-Land Slowakei widergespiegelt haben. Ein größerer Teil der Gesellschaft scheint die Sorge der Fico-Kritiker um Rechtsstaat und Demokratie, sowie deren eindeutige Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine nicht zu teilen.

Fico stoppte die staatliche Militärhilfe an das Nachbarland Ukraine zur Verteidigung gegen Russland, weil diese nur eine Fortsetzung des Krieges bedeute, während er für Frieden sei, argumentierte er. Er tauschte die Leitung der Polizei und wichtiger staatlicher Behörden aus und leitete im vergangenen Dezember eine umstrittene Justizreform in die Wege, in der die liberale Opposition wie auch die EU-Kommission eine Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit in der Slowakei sehen. Auf Antrag der scheidenden Präsidentin Zuzana Čaputová hin setzte das Verfassungsgericht Teile der Reform inzwischen vorläufig außer Kraft. Jüngst werden Fico und seiner Regierung auch Angriffe auf die Pressefreiheit vorgeworfen. Das Oppositionslager befürchtet, dass Pellegrini als Präsident nur der verlängerte Arm Ficos im Präsidentenpalast sein werde.

Die eindrucksvolle politische Karriere von Pellegrini

Mit nur 48 Jahren hat der jugendlich wirkende Linkspolitiker Peter Pellegrini bereits eine eindrucksvolle politische Kariere vorzuweisen. Er war eine Zeit lang Ministerpräsident der Slowakei. Den Posten des slowakischen Parlamentspräsidenten hat er aktuell schon zum zweiten Mal inne. Er führt eine eigene Partei, war schon mehrmals Minister und steht jetzt vor dem Präsidentenpalast.

Anders als so mancher Sozialdemokrat weiß Pellegrini nicht nur den Wortteil „sozial“ dieser Bezeichnung zu schätzen, sondern ehrt auch die demokratische Politik. Seine Vision sei ein starker Sozialstaat, sagen Insider. Kritiker werfen ihm wiederum vor, dass er nicht aus dem Schatten seines einstigen Chefs, Ministerpräsident Robert Fico, herauszutreten vermochte. Dennoch sei gut möglich, dass er als Präsident durchaus authentisch und eigenständig agieren könnte.

Tatsächlich ist Pellegrini ein politischer Zögling Ficos. Seine politische Karriere hatte der studierte Ökonom aus Banská Bystrica in Ficos Partei Smer angefangen. Zunächst als Assistent des damaligen Parlamentsabgeordneten und späteren Verkehrsministers Ľubomír Vážny. Bei den Parlamentswahlen 2006 wurde er erstmals zum Abgeordneten der Smer gewählt. Ein zweites Mandat erhielt er 2010. Nach den Neuwahlen 2012 wurde er zum Staatssekretär im Finanzministerium ernannt.

Pellegrini lehnt militärische Hilfen für die Ukraine ab

Im Präsidentschaftswahlkampf hatte Pellegrini betont, dass die Slowakei vor allem endlich Ruhe brauche: Ruhe, Würde und Zusammenarbeit sowie „einen Präsidenten, der Präsident der Menschen sein wird, der immer nationalstaatliche Interessen wahren wird. In Sinne des Mottos: “Die Slowakei an erster Stelle‘„. Kein Gegengewicht zur Regierung sei notwendig, wie sein Rivale im Rennen um das Präsidentenamt, Ivan Korčok, meinte, sondern Zusammenarbeit.

In der Außenpolitik vertritt Pellegrini die gleichen Positionen wie Regierungschef Fico. Auch er lehnt militärische Hilfen für die von Russland angegriffene Ukraine ab. „Die Menschen in der Slowakei spüren, dass das Töten in der Ukraine aufhören muss und Politiker die Pflicht haben, dazu beizutragen, dass unschuldige Menschen nicht mehr sterben müssen. Ich lehne es absolut ab, dass jemand diesen Konflikt weiter hochschraubt - auch deshalb sage ich, kein einziger slowakischer Soldat wird in die Ukraine gehen“, schrieb er kürzlich auf Facebook. Peter Pellegrini ist nicht verheiratet und hat keine Kinder.